Rückschlag für die Verkehrspolitik in Schwäbisch Gmünd?

Aus der Rems Zeitung (Samstag, 12.04.2025): Die Diskussion um die Fahrradstraße in der Klarenbergstraße sorgt in Schwäbisch Gmünd für Enttäuschung und Unverständnis. Nun äußern sich OB-Kandidat Dario Thiem (Grüne) und die söl-Fraktion.
SCHWÄBISCH GMÜND. OB-Kandidat Dario Thiem kritisiert die Absage an die Fahrradstraße scharf. „Die Entscheidung gegen die geplante Fahrradstraße in der Klarenbergstraße sorgt bei mir für Unverständnis – und bei Gesprächen am Mittwochmorgen auf dem Gmünder Wochenmarkt drückten auch zahlreiche Bürgerinnen und Bürger ihren Ärger und ihre Enttäuschung über
diesen Rückschritt aus“, erklärt Thiem. Für ihn ist die Absage ein deutlicher Schritt in die falsche Richtung, da er das Projekt als einen wichtigen Baustein für eine zukunftsfähige und gerechte Verkehrsplanung betrachtet. Thiem betont, dass eine gute Infrastruktur für Rad- und Fußverkehr zahlreiche Vorteile für alle Menschen in der Stadt mit sich bringt. „Sie schafft sichere Schulwege,
stärkt die Eigenständigkeit von Kindern und Jugendlichen, sorgt für mehr Gesundheit, reduziert Lärm und verbessert die Aufenthaltsqualität in den Quartieren.“
Auch die Entlastung des motorisierten Verkehrs durch eine gut ausgebaute Radwegeinfrastruktur hebt er als Aspekt hervor. Für den Grünen-Kandidaten ist es unerklärlich, warum die Klarenbergstraße nicht als Modell für eine gleichberechtigte Nutzung des öffentlichen Raums umgesetzt werden soll. Der ursprünglich beschlossene Entwurf, der den Kfz-Verkehr nicht
ausschloss und weiterhin alle Ziele in der Stadt erreichbar gemacht hätte, wurde seiner Meinung nach ohne triftige Gründe abgelehnt. Thiem kritisiert auch die jüngste Aussage von Oberbürgermeister Richard Arnold, der erklärte, man solle davon wegkommen, „jeder Verkehrsart
ihren eigenen Platz zuzuweisen“. Diese Aussage stehe im Widerspruch zu dem ursprünglichen Ziel, das die Klarenbergstraße als eine ausgewogene Lösung für alle Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer gesehen habe. Thiem warnt davor, dass die Stadt ohne mutige Schritte in der Verkehrsplanung Gefahr läuft, „im Stillstand stehen zu bleiben“.
Auch die söl-Fraktion im Gemeinderat äußert sich kritisch zu der Entscheidung gegen die Fahrradstraße. In einer Stellungnahme heben die Gemeinderäte hervor, dass Schwäbisch Gmünd in der Verkehrsplanung im Vergleich zu Städten wie Tübingen deutlich ins Hintertreffen geraten sei. „Während sich der Schwäbisch Gmünder Gemeinderat nach vielen Jahren der Diskussion mehrheitlich gegen die Umsetzung einer Planung für Gmünds erste Fahrradstraße entschieden hat, hat Tübingen in dieser Woche die vierte beheizte Fahrradbrücke eingeweiht und damit den ganzjährigen Radverkehr entscheidend vorangebracht“, heißt es in der Stellungnahme.
Die söl-Fraktion macht zudem deutlich, dass die Entscheidung gegen die Fahrradstraße nicht nur ein Rückschritt für die Verkehrspolitik sei, sondern auch die bereits erzielten Fortschritte in der Stadtentwicklung infrage stelle. „Gmünd hat durch die Gartenschau von 2014 einen wichtigen Schritt nach vorne gemacht. So wurde durch viele städtebauliche Maßnahmen der Verkehr neu geordnet. Leider wurde das Fahrrad dabei innerstädtisch oft vergessen, während außerhalb Gmünds
viel für das touristische Radeln getan wurde“, so die Fraktion. Der Gemeinderat habe durch seine Entscheidung gegen die Fahrradstraße das Ziel einer nachhaltigen Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in der Stadt verfehlt. Besonders wird kritisiert, dass Arnold durch seine wiederholten „Querschüsse“ gegen Radfahrende den Boden für diese Entscheidung bereitet
habe. söl zieht daher einen klaren Schluss: „Die Ablehnung der ersten Fahrradstraße in Schwäbisch Gmünd durch die CDU- und die Bürgerliste-Fraktion sowie die FDP zusammen mit der AfD bedeutet jedenfalls einen Rückfall der städtischen Verkehrspolitik in die 70er Jahre.“
Copyright Rems Zeitung, 12.04.2025