Debatte um Baubürgermeister: Wird das 110.000-Euro-Amt abgeschafft?

Aus der heutigen Rems Zeitung:Nach dem Rückzug von Baubürgermeister Julius Mihm steht die Stadtverwaltung Schwäbisch Gmünd vor einer entscheidenden Frage: Wird die wichtige Position aus Spargründen nicht mehr besetzt? Während söl, SPD und Grüne auf eine schnelle Neubesetzung drängen, plädieren CDU, FDP und Bürgerliste dafür, die Stelle vorerst ruhen zu lassen. Ein Überblick über die Meinungen der Fraktionen.
Schwäbisch Gmünd. Am 1. September ist es so weit: Dann steht Schwäbisch Gmünd ohne Baubürgermeister da. Der bisherige Amtsinhaber Julius Mihm hat darauf verzichtet, sich wieder zur Wahl zu stellen. Wer ihm nachfolgt und ob die Stelle überhaupt noch einmal besetzt wird, will der Gemeinderat im September entscheiden. Doch jetzt ist schon klar: Eine Zeit lang wird die Stelle verwaist sein. Dafür sorgt schon die Länge des Ausschreibungsverfahrens.
Denn zunächst muss die Ausschreibung beschlossen werden. In ihr wird normalerweise eine Bewerbungsfrist von mehreren Wochen festgelegt. Danach geht es in die Sichtung der eingegangenen Bewerbungen, die geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten werden zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Meist bekommen zwei oder drei der Interessierten die Chance, sich dem Gemeinderat direkt vorzustellen. Dieser wählt dann den neuen Amtsinhaber oder die Amtsinhaberin.
Baubürgermeister ist keine Pflicht
Eventuell hat die oder der Auserwählte auch noch eine Kündigungsfrist zu beachten, sodass es durchaus bis zu einem Jahr dauern kann, bis er oder sie dann das Amt antreten kann. Die Amtszeit beträgt acht Jahre.
Eine Pflicht, einen Baubürgermeister zu haben, besteht nicht. Die Kommune kann selbst regeln, wie viele Beigeordnete oder hauptamtliche Bürgermeister sie haben will. Das heißt, wenn der Gemeinderat aus Spargründen die Position des Baubürgermeisters abschaffen will, müsste er die Hauptsatzung ändern. Dies kann er mit Zweidrittelmehrheit tun.
Der Sparzwang hat Stimmen laut werden lassen, das Amt nicht mehr zu besetzen und das Jahresgehalt, das sich auf ungefähr 110.000 Euro brutto belaufen dürfte, einzusparen. Befürworter des Amtes werfen in die Waagschale, dass eine wichtige Aufgabe wie die Stadtentwicklung einen Baubürgermeister braucht.
Sollte sich herausstellen, dass es nicht funktioniert, werden wir reagieren
Sebastian Fritz
söl-Fraktion
Die söl-Fraktion kann dem Spargedanken durchaus folgen, wie deren Fraktionsvorsitzender Sebastian Fritz auf RZ-Nachfrage antwortet. „Aufgrund der aktuellen Haushaltssituation ist es nachvollziehbar, wenn die Stelle erst einmal unbesetzt bleibt. Allerdings werden wir ganz genau darauf achten, dass die anstehenden Baumaßnahmen und deren Erledigung nicht darunter leiden und vor allen Dingen auch die Kosten nicht aus dem Ruder laufen. Sollte sich herausstellen, dass es nicht funktioniert, werden wir reagieren“, so Fritz.
„Grundsätzlich meinen wir aber, dass in einer Stadt in der Größe Schwäbisch Gmünds eine Baubürgermeisterin/ein Baubürgermeister unerlässlich ist. Daher kann die Stelle auf Dauer nicht unbesetzt bleiben“, fügt er an.
Die SPD-Fraktion spricht sich für eine Wiederbesetzung aus
Sigrid Heusel
SPD-Fraktion
Die SPD geht da weiter. „In der SPD-Fraktion haben wir uns dazu frühzeitig eine Meinung gebildet, denn auf die fachliche Expertise und persönliche Kompetenz einer Baubürgermeisterin oder eines Baubürgermeisters sollte eine Stadt mit über 60.000 Einwohnern in der Verwaltungsspitze nicht verzichten“, schreibt die Fraktionsvorsitzende Sigrid Heusel.
In der Stadt fehle immer noch bezahlbarer Wohnraum und einzelne Leerstände sowie innerstädtische Quartiere müssten zukunftsfähig überplant werden. „Auch unser großes baukulturelles Erbe ist zu erhalten und neu zu gestalten. Dafür benötigt die Gmünder Bauverwaltung eine fachlich kompetente Führungsspitze“, fasst sie den Standpunkt der SPD zusammen.
„Die SPD-Fraktion spricht sich für eine Wiederbesetzung aus. Eine verzögerte Wiederbesetzung wird es auf jeden Fall geben, da die Verwaltungsspitze ja bisher keine Ausschreibung der Stelle des Baubürgermeisters auf den Weg gebracht hat. Da wir natürlich auch den Sparzwang im nächsten Doppelhaushalt sehen und Neuplanungen in 2026 nicht dringend anstehen, stimmen wir einer leicht verzögerten Neubesetzung zu. Wir erwarten bis Februar 2026 eine Stellenausschreibung und die Wahl des Baubürgermeisters noch vor der Sommerpause. Somit könnte die Stelle dann bis spätestens Ende 2026 neu besetzt werden“, skizziert sie das Vorgehen aus Sicht der Sozialdemokraten.
Wir tendieren dazu, die Stelle des Baubürgermeisters für den Zeitraum des nächsten Doppelhaushalts nicht zu besetzen
Alfred Baumhauer, CDU-Fraktion
Doch mehrheitsfähig scheint diese Position nicht, wie die Stellungnahmen von CDU, FDP und Bürgerliste zeigen. „Wir tendieren dazu, die Stelle des Baubürgermeisters für den Zeitraum des nächsten Doppelhaushalts nicht zu besetzen. Das Baudezernat ist insgesamt sehr gut aufgestellt und die einzelnen Ämter verfügen über äußerst kompetente Leiterinnen und Leiter mit langjähriger Erfahrung. Wir sind uns sicher, dass die Verwaltungsaufgaben reibungslos laufen werden. Zudem bringt uns dies in der aktuellen Haushaltslage eine willkommene Entlastung. Ob die Stelle dann in Zukunft wieder besetzt werden sollte oder dauerhaft entfallen kann, werden wir gegen Ende des Zeitraums betrachten“, lässt der CDU-Fraktionsvorsitzende Alfred Baumhauer mitteilen.
In der derzeitigen Phase wäre ein neuer Baubürgermeister daher wie ein Reiter ohne Pferd
Peter Vatheuer, FDP/FW-Fraktion
Ähnlich klingt der Tenor von Peter Vatheuer (FDP/Freie Wähler): „Wir denken, dass bis auf Weiteres auf eine Nachbesetzung des Amtes des Baubürgermeisters verzichtet werden kann. Wesentliche, die Stadtentwicklung prägende, Bauvorhaben sind bereits in Planung bzw. in Vorbereitung, wie zum Beispiel der westliche Stadteingang, das alte Stadtbad, das Wohnen an der Stadtmauer, die Entwicklung des Hardt oder auch ein neues Hallenbad. Viele diese Vorhaben werden sich aber bis auf Weiteres ohne die Unterstützung privater Investoren nicht verwirklichen lassen, da der Stadt schlicht die finanziellen Mittel dazu fehlen. In der derzeitigen Phase wäre ein neuer Baubürgermeister daher wie ein Reiter ohne Pferd.“
Auch wird Herr Oberbürgermeister Richard Arnold in dieser Interimsphase die Tätigkeit des Baubürgermeisters mit übernehmen
Ullrich Dombrowski
Bürgerliste
Ähnlich positioniert sich Ullrich Dombrowski für die Bürgerliste. Sie schlägt angesichts der schwierigen finanziellen Situation der Stadt vor, die Besetzung der Stelle für zwei Jahre auszusetzen. Aus der Sicht seiner Gruppierung lasse die personelle Ausstattung beim Hoch- und Tiefbauamt sowie dem Amt für Stadtentwicklung durchaus eine Überbrückungstätigkeit für diesen Zeitraum zu. „Auch wird Herr Oberbürgermeister Richard Arnold in dieser Interimsphase die Tätigkeit des Baubürgermeisters mit übernehmen“, so Dombrowski.
Das ist eine Schlüsselposition für die Stadtentwicklung
Gabriel Baum
Grüne
Dem widersprechen die Grünen. Sie plädieren für eine Wiederbesetzung dieser „Schlüsselposition für die Stadtentwicklung“ (Gabriel Baum). „Gerade in Zeiten, in denen eine Investitionszurückhaltung zu spüren ist, in denen Schwäbisch Gmünd droht, die selbst gesteckten Ziele hinsichtlich Nachhaltigkeit, Mobilität und Klimaschutz aus den Augen zu verlieren. Projekte wie der Stadteingang West und die Entwicklung des Bauhofareals, aber auch die Entwicklungen in den Teilorten dürfen nicht liegen bleiben. Und sie müssen von einer Person mit der Kompetenz eines Dezernenten gesteuert und vorangetrieben werden“, fordert Fraktionsvorsitzender Baum.
Das Tagesgeschäft werde die Verwaltung erledigen können. „Wir erwarten allerdings mehr von einer aktiven nachhaltigen Stadtplanung, als die Erledigung des Tagesgeschäfts und die Abarbeitung von begonnenen Projekten“, so Baum. Spätestens 2027 müsste die Nachfolge Mihms vollzogen werden, schließt sein Statement.
Von den Vertretern der AfD und Der Partei gingen bis Redaktionsschluss keine Stellungnahmen ein.
Copyright Rems Zeitung, 15.09.2025