Harmlos und unauffällig? Ein Jahr AfD im Gmünder Gemeinderat

Seit Herbst 2024 sitzen erstmals AfD-Stadträte im Gmünder Gemeinderat. Was hat sich verändert seitdem – und wie gehen der Oberbürgermeister und die anderen Parteien mit der AfD um?
Schwäbisch Gmünd. Seit einem Jahr sitzen fünf Männer und eine Frau als Stadträte der AfD im Gemeinderat – sie vertreten eine Partei, die der Verfassungsschutz im Mai als „gesichert rechtsextremistisch“ benannt hat. Was hat sich verändert, seit die AfD im Herbst 2024 zum ersten Mal überhaupt in den Gmünder Rat eingezogen ist?
„Bislang weitgehend unauffällig“ habe er die AfD im ersten Jahr erlebt, sagt Gabriel Baum, der Fraktionsvorsitzende der Grünen. Aus anderen Fraktionen kommen ähnliche Stellungnahmen. „Die AfD-Fraktion ist bislang weder besonders provokativ noch besonders ideenreich in Erscheinung getreten“, sagt etwa Peter Vatheuer von der FDP/FW.
„Positiv überrascht“
Stadtrat Carlo Geiger („Die Partei“) zeigt sich von den AfD-Vertretern in Gmünds Gemeinderat „positiv überrascht“: „Ich habe zu Beginn erwartet, dass sie mehr krawallartig unterwegs sind, eher wie Ruben Rupp (Bundestagsabgeordneter und Kreisrat – Red.)“.
Im Gemeinderat von Aalen geht es zuweilen konfrontativer zu. Etwa in einer Sitzung im Juni, bei der es um die Kriminalitätsstatistik ging. Das Thema hatte Andreas Lachnit, dort Fraktionsvorsitzender der AfD, zum Anlass genommen, den umstrittenen Begriff „Remigration“ ins Feld zu führen. Im Zusammenhang mit kriminellen Ausländern sagte er: „Wenn ich einfach jeden in mein Haus lasse, dann brauche ich mich nicht zu wundern, wenn einige faule Äpfel dabei sind.“ Bürgermeister Bernd Schwarzendorfer nannte das „eine menschenverachtende Betrachtungsweise“. Einen offenen Brief Lachnits habe er darum an den Staatsschutz weitergeleitet. Der Staatsschutz ist eine Abteilung des Bundeskriminalamts.
„Ungestüm“ versus „Sacharbeit“
Andreas Wörner, in Gmünd AfD-Fraktionsvorsitzender, kennt die Kollegen aus Aalen. Dort gebe es „ein paar, die ungestüm vorwärtsstürmen“, sagt er. Und fügt hinzu: „Man muss nicht immer auf Konflikt gehen, um seinen Standpunkt deutlich zu machen.“ Auf kommunaler Ebene sei „Sacharbeit gefragt“. Wörner weiter: „Solange ich Fraktionsvorsitzender bin, werden wir daran festhalten.“
Die Stadträtin auf Facebook
Stadtrat Peter Vatheuer (FDP/FW) bilanziert ein Jahr AfD im Gmünder Rat so: „Böse Überraschungen gab es bislang keine.“ Mit einer Ausnahme, so Vatheuer: einem Facebook-Post von AfD-Stadträtin Brigitte Rack. Diese äußerte sich im Februar auf Facebook zu Michel Friedman, Publizist und ehemaliger Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses. „Wollte er nicht seine Koffer packen?“, schrieb Rack angesichts der Meldung, dass Friedman wegen gemeinsamer Ja-Stimmen von CDU und AfD im Bundestag zum Migrationsrecht aus der CDU ausgetreten war.
Wie verhält sich der OB?
Andreas Benk, Stadtrat der söl-Fraktion, hatte daraufhin eine Anfrage an Oberbürgermeister Richard Arnold gestellt: „Ist diese Äußerung von Frau Rack von Belang für Ihren Umgang mit der AfD?“ Von Arnold gab es keine Antwort, die Begründung dafür kam von Bürgermeister Christian Baron. „Diese Aussage ist nicht hier im Gemeinderat gefallen, und sie hat nichts mit unserer Sitzungstätigkeit zu tun. Deshalb ist diese Frage nicht vom Anfragerecht des Gemeinderats gedeckt.“
Fragt man Richard Arnold nach einem Jahr AfD zum Thema, antwortet er dies: „Der Umgang der Verwaltung gestaltet sich entsprechend den Vorgaben der Gemeindeordnung.“
Eine Partei wie jede andere?
Söl-Fraktionsvorsitzender Sebastian Fritz hält den Umgang des OB mit der AfD nicht für richtig: „Der OB behandelt die Mitglieder der AfD-Fraktion ausnehmend freundlich, als wäre die AfD eine Partei wie jede andere.“ Aber dies sei nicht der Fall: „Die AfD ist eine Partei, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall geführt wird. Da spielt es für uns auch überhaupt keine Rolle, wie die Einzelne oder der Einzelne sich persönlich gibt.“
Bei der CDU sieht man das anders. Der Umgang des OB mit der AfD sei richtig, findet Stadtrat David Sopp: „Denn alle Mitglieder des Gemeinderats sind gleichermaßen demokratisch gewählt.“ Sopp fügt hinzu: „Bisher sind die Kolleginnen und Kollegen der AfD-Fraktion im Gemeinderat nicht negativ aufgefallen.“
„AfD arbeitet sachlich mit“
Ullrich Dombrowski, Fraktionschef der Bürgerliste, sagt für seine Fraktion: „Wir haben mit der AfD keine Probleme, sie arbeitet sachlich mit und hält sich völlig an die Gemeindeordnung.“ Eine Zusammenarbeit, in dem Sinn, dass man Anträge ausarbeite, bestehe aber nicht. Letzteres gilt bislang auch für alle anderen Fraktionen.
AfD-Fraktionsvorsitzender Wörner sagt im Rückblick aufs Jahr eins, es habe „etwas gedauert, sich in den politischen Betrieb einzuarbeiten. Wir sind keine Politprofis, sondern ganz normale Bürger, die sich engagiert haben.“ Die Umgangsformen nennt er „überwiegend kollegial“. Mit Ausnahmen: „Es gibt einige wenige, die laufen an uns vorbei, als ob wir Luft wären.“ Aber das sei dann eben so. „Das ist deren Befindlichkeit.“
„Peinliche Anbiederung“
Sebastian Fritz attestiert den AfD-Stadträten „geradezu peinliche Anbiederung“ in dem Bemühen, „im Gemeinderat als ganz normal zu erscheinen“. Fritz wie auch Gabriel Baum erinnern aber an die Politik, für die die AfD als Gesamtpartei steht. Die AfD-Vertreter nennt Grünen-Fraktionschef Baum „Leute, die keine kommunalpolitischen Ziele haben, aber auf dem Zettel einer Partei sind, die rechtsextrem ist. Und Andreas Wörner ist als Fraktionsvorsitzender ein Totalausfall.“
Sebastian Fritz fügt hinzu: „Wenn sie wirklich so harmlos wären, wie sie sich noch verhalten, müssten sie aus der AfD austreten.“ Uwe Beck von der SPD-Fraktion sieht es so: „Aus unserer Sicht wird um die AfD in Gmünd viel zu viel Wirbel und Aufhebens gemacht. Die AfD-Fraktion sollte an ihrer Arbeit im Gemeinderat gemessen werden, und diese Mitarbeit ist überschaubar.“
Copyright Gmünder Tagespost, 13.10.2025