Haushalt Schwäbisch Gmünd: Gemeinderatsfraktionen beziehen Stellung
Die Fraktionen des Gmünder Gemeinderats beziehen Stellung zum Haushaltsentwurf der Stadtverwaltung. Diese Schwerpunkte setzen die Mitglieder des Gremiums für die Jahre 2026 und 2027.
Schwäbisch Gmünd. Die Fraktionen des Gemeinderats nehmen Stellung zum Haushalt der Stadt. Die Stellungnahmen im Überblick.
söl plädiert für Kunstverein und Jugendarbeit
Die Fraktion Sozial.Ökologisch.Links (SÖL) hat die „extreme“ Vermögensungleichheit auf Bundesebene als Hauptursache für die kommunale Finanznot kritisiert und eine gerechte Steuerpolitik (Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer) gefordert, da ansonsten die Demokratie durch ständige Kürzungen ihren Boden verliere. Solange Bund und Land hier untätig blieben, dürfe die Sparpolitik Gmünds keine sozialen oder kulturellen Strukturen zerstören. Frakions-Chef Sebastian Fritz wandte sich entschieden gegen die geplante Reduzierung der Stellen in der Schulsozialarbeit, die als Sparen am Kinderschutz gewertet wird, und beantragte einen Kompromiss von mindestens 13 statt zwölf Vollzeitäquivalenten. Auch die drastischen Kürzungen für das Jugendkulturzentrum Esperanza und den Kunstverein lehnt die Fraktion ab, da diese die Existenz der Einrichtungen gefährdeten, und fordert die Beibehaltung der Nebenkostenübernahme für Esperanza sowie eine maximale Kürzung von nur 10 Prozent für beide Kultureinrichtungen.
Ebenfalls müsse die 25-Prozent-Stelle der Geschäftsführung des Stadtjugendrings erhalten bleiben, um Landesmittel einwerben zu können. Zur Generierung von Einnahmen schlug die söl die Einführung einer Verpackungssteuer bis Ende 2026 vor und befürwortete erhöhte Gebühren für das Anwohnerparken, forderte aber zusätzlich eine höhere Belastung für besonders schwere Fahrzeuge, um den öffentlichen Raum gerechter zu nutzen.
Im Bereich Klima und Mobilität kritisierte Fritz das Fehlen eines klaren Fokus auf Klimaschutz in der OB-Rede und mahnten, dass den früheren Ankündigungen zur Klimaneutralität und Mobilitätswende endlich Taten folgen müssten. Angesichts der verlorenen Planungskosten durch das Scheitern der Fahrradstraße forderte Fritz einen Bericht über das weitere Vorgehen mit dem Radwegezielplan sowie die Einrichtung eines Innenstadtgremiums nach Ortsteilvorbild. Aus Spargründen beantragte die söl den Verzicht auf die dekorative Bepflanzung der Kreisverkehre bis zum Haushalt 2028/29. Die Fraktion stellte sich zudem gegen die Aufkündigung des Kompromisses zur Reinigung städtischer Liegenschaften zugunsten von Niedriglohnkräften und forderte Berichte zur Bekämpfung der Kinderarmut und zur Überprüfung der Wohngeld-Bearbeitungszeiten, während sie abschließend eine Satzungsänderung forderte, um die Nutzung des Stadtgartens für Veranstaltungen mit „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ zu untersagen.
CDU: verantwortungsvoll in die Zukunft
Die CDU sieht den Doppelhaushalt 2026/27 als Bewährungsprobe in schwierigen Zeiten. Fraktionschef Alfred Baumhauer fordert klare Prioritäten: weniger Bürokratie beim Bauen, mehr Bauland und die Konzentration auf zentrale Projekte wie Stadtmauerbebauung, Eco Village und das Schleich-Areal. Die Stadtwerke sollen nach ihren Liquiditätsproblemen einen transparenten Neustart hinlegen, die Bäder sollen effizienter werden. Im Kulturbereich drängt die CDU auf eine Kostenprüfung.
Vereine und Ehrenamt seien unverzichtbar, viele Sporthallen aber dringend sanierungsbedürftig. Familienpolitik bleibe Kernaufgabe: verlässliche Betreuung, sichere Schulwege, moderne Schulen. Die Schulsozialarbeit müsse erhalten bleiben. Beim Klimaschutz setzt die CDU auf Realismus, hält das Ziel 2035 für nicht erreichbar und plädiert für spätere, finanzierbare Etappen.
Sicherheit, Feuerwehr und ein aktualisierter Bedarfsplan haben hohe Priorität. In der Wirtschaftspolitik warnt die Fraktion angesichts der Lage der Zulieferer vor Steuererhöhungen. In Bezug auf das Gewerbegebiet Aspen sei man allenzukunftsfähigen Unternehmen gegenüber offen. In der Innenstadt brauche es Tempo bei der Belebung leerer Immobilien und ein ganzheitliches Verkehrskonzept mit Augenmaß. Finanzielle Stabilität und eine effizientere, digitalere Verwaltung seien letztlich die Grundlage, um die Stadt verantwortungsvoll in die Zukunft zu führen.
Grüne: Klimaschutz „vor die Klammer“
Die Grünen erkennen den vorgelegten Sparhaushalt als notwendig an, kritisieren aber, dass Kürzungen Bürgerinnen und Bürger hart treffen können – etwa bei eingeschränkten Kita-Randzeiten. In seiner Rede begrüßte Fraktions-Chef Gabriel Baum Ausnahmen im sozialen Bereich, etwa für „Frauen helfen Frauen“, und fordern gleiche Sparvorgaben für alle Ämter, auch im Tourismus.
Zentral bemängeln sie das Fehlen des Klimaschutzes als kommunalen Schwerpunkt. Angesichts millionenschwerer Schäden durch Überschwemmungen und Hangrutsche fordern die Grünen konsequente Maßnahmen, schnellere energetische Sanierungen, eine LED-Umrüstung in allen Stadtteilen und die Nutzung von Förderprogrammen. Bildung müsse – ebenso wie Klimaschutz – „vor die Klammer“.
Scharf kritisieren sie geplante Kürzungen bei der Schulsozialarbeit und warnen davor, in der Jugend- und Präventionsarbeit zu sparen. Kürzungen beim Stadtjugendring oder bei der Jugendkulturinitiative seien nur bedingt akzeptabel; beim Esperanza fordern sie Fairness und gleiche Maßstäbe.
Bei Mobilität beklagen die Grünen Stillstand nach dem abgelehnten Radverkehrsprojekt in der Klarenbergstraße. Sie beantragen Mittel für sichere Querungen, bessere Radabstellanlagen und Planungsvorläufe.
Finanzpolitisch tragen sie die Erhöhung der Grundsteuer mit, fordern aber eine stärkere Anhebung der Gewerbesteuer. Der Gemeinderat solle selbst sparen, etwa bei Klausuren und künftig mit weniger Sitzen.
Am Ende appelliert die Fraktion an Zusammenhalt, Respekt und eine klare Haltung gegen ausgrenzende Kräfte, um die Stadt durch schwierige Jahre zu führen.
SPD: Sparen, aber sozial verträglich
Die SPD-Fraktionsvorsitzende Sigrid Heusel sieht in Zeiten internationaler Krisen, steigenden Kosten und Gebühren sowie Existenzängsten von Bürgerinnen und Bürgern die Kommunen mehr denn je in der Verantwortung, für die Menschen in der Stadt da zu sein.
Der aktuelle Haushaltsentwurf sei als Übergangshaushalt zu betrachten, da ein drohender 160-Millionen-Schuldenberg bis 2030 für kommende Haushalte Schwierigkeiten berge. Die derzeitigen Sparpakete seien nur ein Übergang, eine echte Aufgabenkritik sei unerlässlich, um einen tragfähigen und sozial gerechten Haushalt zu sichern. Es müsse weitere Sparrunden und Etragsverbesserungen geben.
Die Fraktion drängt auf verstärkte Anstrengungen in der Wirtschaftsförderung, insbesondere nach den Arbeitsplatzverlusten. Die SPD lehnte eine Schließung der Bäder ab, stellte sich aber gegen einen Neubau des Hallenbades. Zugleich forderte sie die Aufklärung des „Versagens“ in der Stadtwerke-Führung.
Kritisch sah die SPD die geplante Fremdvergabe der Gebäudereinigung zulasten niedrig entlohnter Kräfte. Als sozialverträgliche Alternative schlug sie die Erhöhung der Übernachtungssteuer von 3 auf 3,50 Euro vor. Im Bereich Infrastruktur beantragte die Fraktion eine sozial gerechtere Berechnung der Anwohnerparkgebühren und forderte Investitionen in den ÖPNV-Wetterschutz (Vordere Schmiedgasse).
Besonders kämpfte die SPD für die Jugendkulturinitiative Esperanza und den Kunstverein, deren Kürzungen sie ablehnt, um das kulturelle Angebot der Stadt zu erhalten. Des Weiteren forderte die Fraktion die Ausschreibung eines Baubürgermeisters ab März 2026 und ein Konzept zur Begrünung des Marktplatzes mit Bäumen. Heusel betonte, die SPD trage die Sparanstrengungen weitgehend mit, solange sie dem Grundsatz sozialdemokratischer Gerechtigkeit entsprächen.
Bürgerliste: Kein „Weiter so“
Die Bürgerliste hat in der Haushaltsdebatte eine schonungslose Aufgabenkritik gefordert, da die Stadt aufgrund der Unterfinanzierung und einer drohenden Schuldenlast von 160 Millionen Euro bis 2030 in einer Krise stecke. Fraktionsvorsitzender Ullrich Dombrowski erklärte, die vorgeschlagenen Sparpakete reichten nicht aus, man müsse über die Jahre 2026 und 2027 hinaus blicken.
Die Fraktion verlangt die Abkehr von der Wasserstoff-„Illusion“ im Gewerbegebiet Aspen und stattdessen dessen sofortige Erschließung für alle Gewerbe zur Kompensation der Bosch-Arbeitsplätze. Zentral ist für die Bürgerliste das Sparen bei den Bädern, da die Verluste nicht mehr auszugleichen seien. Ein Neubau des Hallenbades sei passé, und es müsse schnell über den Fortbestand der Bäder – unter Einbeziehung privater Trägerschaft – entschieden werden.
Zudem kritisiert die Bürgerliste die gestiegenen Personalkosten außerhalb von Bildung und Betreuung sowie die Kosten der Stadtbibliothek. Sie unterstützt einen Neubau der Feuerwehr außerhalb des Florian für eine städtebauliche Neunutzung, hält aber die veranschlagten Mittel für zu gering. Dombrowski zeigte sich besorgt über die zu erwartende Erhöhung der Kreisumlage durch die hohe Verschuldung des Ostalbkreises. Die Fraktion betonte, jede Maßnahme müsse dem Grundsatz der Sicherung der Aufgaben gemäß Gemeindeordnung folgen.
AfD will an Freiwilligkeit sparen
Die AfD-Fraktion hat in der Haushaltsdebatte eine rigorose Priorisierung und das Ende freiwilliger Ausgaben gefordert, um die finanziell angespannte Lage der Stadt zu bewältigen. Fraktionschef Andreas Wörner verlangte die Konzentration auf notwendige Pflichtaufgaben und eine klare Risikokontrolle. Die Kernforderungen der AfD zielen auf Transparenz und Streichungen: Wegen hoher Risiken sollen dem Gemeinderat quartalsweise konsolidierte Berichte zur Liquidität und Verschuldung der Stadtwerke vorgelegt werden. Im Personalbereich wird ein Einstellungsstopp außerhalb gesetzlicher Pflichten verlangt. Als Sofortmaßnahmen sollen der Betrieb des Gradierwerks als unnötiges Prestigeprojekt eingestellt und die Anlage zurückgebaut werden. Zudem beantragte die Fraktion die ersatzlose Streichung aller finanziellen Leistungen für die Jugendkulturinitiative „Esperanza“ aus Spargründen. Das Esperanza nannte er zudem einen „Ort für gewaltbereite Linksextreme“ und einen „Schandfleck“.
Bei den Klimaneutralitätszielen wird ein vollständiger Maßnahmenplan gefordert, der detaillierte Kosten, Folgekosten und Amortisationsdauern für alle Maßnahmen ausweist. Die Fraktion forderte außerdem einen jährlichen Transparenzbericht Migration, der alle migrationsbedingten Kosten gebündelt darstellt. Wörner betonte abschließend die Notwendigkeit finanzieller Vernunft und einer klaren Priorisierungsliste für alle Investitionen.
FDP/FW fordert strukturelle Reformen
Die Fraktion FDP/Freie Wähler lehnt im Haushaltsentwurf die von der Verwaltung vorgeschlagenen Steuererhöhungen kategorisch ab und setzt stattdessen auf radikale Strukturreformen und Effizienzgewinne in der Verwaltung. Fraktionsvorsitzender Peter Vatheuer betonte, die geplante Anhebung des Gewerbesteuerhebesatzes auf 420 Prozent sei eine rote Linie und würde den Standort unattraktiv machen, da dieser Satz der höchste der ganzen Region wäre; auch die Erhöhung der Grundsteuer B sei der falsche Weg, stattdessen solle Gmünd die Grundsteuer C einführen, um Grundstücksspekulationen zu verteuern.
Das hohe Defizit sei zwar großteils dem Bund geschuldet, der Kommunen ohne faire Finanzierung mit Aufgaben überbürde, doch die Stadt müsse jetzt mutig zur Veränderung sein. Die Fraktion erkennt die Sparpakete der Verwaltung zwar an, hält sie aber nicht für ausreichend, um das strukturelle Defizit dauerhaft zu beheben. Anstelle von Steuererhöhungen fordert FDP/FW nachhaltige Einsparpotenziale durch die konsequente Digitalisierung der Verwaltung zur Senkung der Personalkosten sowie eine externe Organisationsanalyse.
Als strukturelle Reformen wurden eine ernsthafte Prüfung zur Zusammenlegung von Bezirksämtern und zur Bündelung von Aufgaben gefordert, da die laufenden Kosten oft den Nutzen nicht mehr rechtfertigten, sowie eine objektive Untersuchung zur Zusammenlegung von Feuerwehrstrukturen in den Teilorten, wobei interkommunale Kooperation mit Nachbargemeinden bei Bauhöfen, IT und Feuerwehr zur Regel werden müsse.
Vatheuer bekräftigte, nur durch solche Reformen rückten Projekte wie ein neues Hallenbad wieder in „greifbare Nähe“. Die Fraktion betonte zudem die Notwendigkeit, die Wirtschaft und den Gründergeist zu stärken, da Gmünd im Vergleich zu Aalen und Göppingen deutlich geringere Gewerbesteuereinnahmen habe. Die Investitionen seien grundsätzlich richtig, müssten aber durch ein konsequentes Projektcontrolling vor Kostenüberschreitungen geschützt werden. Abschließend forderte die FDP/FW einen verbindlichen Konsolidierungspfad, der über die Haushaltsjahre hinausreicht, um die stark wachsende Schuldenlast von über 117 Millionen Euro (2027) im Kernhaushalt zu begrenzen und der Generationengerechtigkeit Rechnung zu tragen.
Copyright Rems Zeitung, 27.11.2025
