Die Lagerhalle, die Lastwagen-Stellplätze, die Zu- und Abfahrten – im Plan ist das Amazon-Verteilzentrum schon genau in das noch freie Grundstück neben der Fleiga im Gewerbegebiet Benzfeld bei Hussenhofen eingepasst. 18 770 Quadratmeter umfasst das Grundstück, 3550 Quadratmeter Grundfläche der geplante Neubau, in dem 128 Mitarbeiter beschäftigt sein sollen. So haben es Amazon-Vertreter den Gmünder Stadträten bei ihrem Besuch im Logistikzentrum des Online-Händlers in Pforzheim vorgestellt.
Das sagt die Stadtverwaltung:
Doch erst, wenn der Gemeinderat zustimmt, werde Amazon in die konkreten Planungen einsteigen, erklärt Stadtsprecher Markus Herrmann. Ein Projektentwickler, der das Grundstück bei Hussenhofen kaufen, bebauen und das Verteilzentrum an Amazon vermieten will, sei an den Online-Händler herangetreten. „Nach der Pattabsage im Verwaltungsausschuss lag das Thema für uns ad acta“, sagt der Stadtsprecher über die Abstimmung der Stadträte Ende 2019. Bei dieser waren acht Räte dafür, dass die Verwaltung Gespräche mit Amazon über eine mögliche Ansiedlung führt, acht dagegen. Kritische Stimmen betrafen unter anderem die Arbeitsbedingungen bei Amazon. Die Stadt habe die Fahrt nach Pforzheim organisiert, damit sich die Stadträte ein Bild vor Ort machen konnten.
Das sagen die Stadträte:
Das Amazon-Logistikzentrum mache einen guten Eindruck, sagt CDU-Stadtrat Johannes Barth nach der Besichtigung. Das Benzfeld bei Hussenhofen halte er für „einen geeigneten Standort“ für ein Verteilzentrum. Denn dort sei die Anbindung mit der B 29 ideal. Zumal solche Logistiker stets bestimmte Routen nützten. Doch er werde sich nun mit seiner Fraktion abstimmen, in der es auch kritische Stimmen zu einer möglichen Amazon-Ansiedlung in Gmünd gebe.
Auch Grünen-Stadtrat Elmar Hägele betont, er könne nur seinen persönlichen Eindruck wiedergeben, weil er sich mit seiner Fraktion noch nicht beraten habe. Er habe Ende 2019 dagegen gestimmt, dass die Verwaltung Gespräche mit Amazon führt. Doch angesichts des Wandels in der Wirtschaft werden „viele lieb gewonnene Arbeitsplätze auf der Strecke bleiben“, meint er. „Man sollte nicht von vorneherein die Jalousien herunter lassen, nur weil die Firma Amazon heißt“, sagt er mit Blick auf die Arbeitsplätze, die so in Gmünd entstehen könnten. Und konkret zum Benzfeld: Wenn er Logistiker wäre, würde ihm kein besserer Standort einfallen als dieser nahe der B 29 und der Buchauffahrt. Doch nun gelte es, unter anderem das Klimagutachten ins Kalkül einzubeziehen. Dass die Stadtverwaltung nach dem Beschluss des Verwaltungsausschusses offenbar bereits Gespräche mit Amazon geführt habe, halte er „nicht für übermäßig dramatisch“.
Sie hätte sich vor der Fahrt mehr Informationen von der Stadtverwaltung gewünscht, meint SPD-Fraktionsvorsitzende Sigrid Heusel. Sie sei „sehr überrascht gewesen“, dass die Pläne schon so weit gediehen sind. Amazon habe in Pforzheim „durchaus transparent“ über das Vorhaben informiert. Nun werde sie mit ihrer Fraktion darüber beraten. Denn ein Schnellschuss sei in dieser Sache nicht sinnvoll.
Für Linke-Stadtrat Professor Dr. Andreas Benk brachte der Besuch bei Amazon „keine neuen Erkenntnisse“: „Es war offensichtlich, dass Amazon versucht hat, sich von seiner besten Seite zu zeigen.“ Das habe „bis an die Grenzen des Komischen“ gereicht. Etwa wenn der Betriebsratsvorsitzende erklärt habe, dass dort „alle wie eine große Familie“ seien. Das einzige Argument für eine Ansiedlung seien Arbeitsplätze für Unqualifizierte. Neben dem Verkehr und dem Flächenverbrauch richteten sich seine Bedenken auf den Gmünder Einzelhandel. Das Verteilzentrum solle laut Amazon dort angesiedelt werden, wo mögliche Kunden sind, um eine Lieferung am Bestelltag zu ermöglichen. Das könne dem Einzelhandel nur schaden, ist Andreas Benk überzeugt.
„Wer glaubt, dass Amazon nicht schon längst bei uns am Briefkasten steht, irrt gewaltig“, sagt Bürgerliste-Stadtrat Alexander Hamler. Der Kreishandwerksmeister betont, die Arbeitsplätze bei Amazon für Menschen ohne Ausbildung wären „Gold wert“. Die Bezahlung sei für ungelernte Mitarbeiter vergleichsweise gut und liege über dem Mindestlohn. Die Bürgerliste-Fraktion sei sich nach wie vor einig, dass die Verwaltung Gespräche mit Amazon führen soll.
Bei der Fraktion Freie Wähler Frauen stehe die Abstimmung in der Fraktion noch aus, sagt Karin Rauscher.
FDP/FW-Stadtrat Dr. Peter Vatheuer spricht sich für Verhandlungen mit Amazon aus: „Wir brauchen die Arbeitsplätze.“ Im Benzfeld sei die Verkehrsanbindung optimal.
Das sagt der Ortsvorsteher:
Josef Heissenberger sieht „die Fokussierung auf einen Standort problematisch“. Der Ortsvorsteher von Hussenhofen fürchtet, dass ein Amazon-Verteilzentrum im Benzfeld die ohnehin prekäre Verkehrssituation in Hussenhofen verschärfen würde. Er fordert, dass Amazon die geplanten Fahrten in einer Simulation aufzeigt, noch bevor die Pläne konkreter werden. Eine Verkehrsanalyse dürfe nicht erst mit dem Bauantrag kommen.