Bündnis Klinikerhalt: Stauferklinik und Demokratie stärken
Unterschriftensammlung wird intensiviert. Das Ziel: Bürger sollen direkten Einfluss auf die Kreispolitik nehmen können. Scharfe Kritik am Landrat.
Schwäbisch Gmünd. Den Bestand der Stauferklinik sichern: Das ist das eine Anliegen des Bündnisses Klinkerhalt. Zum anderen aber unterstützt die Gmünder Initiative das Bestreben, Bürgerbegehren auf Kreisebene zu ermöglichen. Neben Hessen ist Baden-Württemberg nämlich das einzige deutsche Bundesland, in dem dies nicht möglich ist. Dieser Umstand, aber auch die Trennung der beiden Ziele war zentrales Thema des zweiten Info-Abends des Bündnisses am Donnerstag im also-Café.
In einem Monat hat die Initiative bereits über 1000 Unterschriften gesammelt, gab Bündnis-Sprecher Jo Frühwirth bekannt. Das zeige, wie die Sorge um den Bestand der Mutlanger Klinik die Menschen im westlichen Kreisgebiet umtreibt, denn bislang seien die Listen nur in Geschäften und Gaststätten ausgelegen. Der Erfolg werde sich deutlich vergrößern, wenn die Unterstützer nun persönlich, zum Beispiel auf den Wochenmärkten im Gmünder Raum, um Unterschriften werben, davon ist Sebastian Fritz überzeugt. Peter Yay-Müller mahnte zur Eile: Offenbar dränge Landrat Dr. Bläse auf eine rasche Entscheidung in der Klinik-Frage, um das Thema aus dem Kommunalwahlkampf 2024 herauszuhalten. Besonders das Verhalten des Landrats trieb die rund 30 Teilnehmer des Treffens am Donnerstagabend um, sogar Bewertungen wie „manipulative Rhetorik“ oder „diktatorische Züge“ fielen. Davon distanzierten sich die beiden anwesenden Gmünder Stadträte Sebastian Fritz und Tim-Luka Schwab zwar. Doch auch Fritz meinte: „Kein Mensch versteht, was da passiert.“ Der Landkreis habe die Bürger bis heute nicht über die Gründe für die von ihm vorgeschlagene Änderung der Klinik-Landschaft informiert. Wer eine vom Landrat abweichende Meinung vertrete, dem werde pauschal Populismus vorgeworfen. Er befürchte, so Fritz, dass viele Leute in dieser Situation das Vertrauen in Politik generell verlieren – und sogar den Landkreis in Frage stellen.
Eindruck machen
Auch Tim-Luka Schwab, zugleich Vorsitzender des Gmünder SPD-Ortsvereins, sagte, das Versprechen des Landrats, die Bürger in die Entscheidungsfindung einzubinden, sei bislang überhaupt nicht erfüllt worden. Damit Bürger bei solchen Entwicklungen künftig ihre Meinung einbringen können, sei die Möglichkeit eines Bürgerbegehrens auf Kreisebene ganz wichtig. Der Vorstand des SPD-Ortsvereins unterstütze die Ziele des Bündnisses Klinikerhalt einstimmig. Das zu erreichen, sei ein langer und beschwerlicher Weg. Doch wenn viele Bürger dieses Anliegen unterstützen, könnte dies auf den Kreistag schon in der Klinik-Frage Eindruck machen.
Das Gmünder Bündnis kann bei seinem Ziel auf starke Vorarbeit bauen. Das Bürgerbündnis für Gesundheitsversorgung in der Raumschaft Geislingen (BBG) wirbt seit längerem für dieses Anliegen und hat bereits rund 8500 Unterschriften gesammelt. Die zwei Sprecher des BBG, Holger Schrag und Ludwig Kraus, stellten am Donnerstagabend ihre Arbeit vor. Kraus berichtete, dass sich die Initiative 2020 gegründet hat, als bekannt wurde, dass der Landkreis Göppingen die Geislinger Helfenstein-Klinik zugunsten eines Klinik-Neubaus in Göppingen zu einem ambulanten Gesundheitszentrum „umbauen“ will. Viele Kreisräte und auch der Landrat hätten auf Kritik an diesen Plänen gar nicht reagiert.
Inzwischen, so Holger Schrag, hat der Göppinger Kreistag mit sechs Stimmen Mehrheit den Bau der Zentralklinik in Göppingen beschlossen. Eine der Folgen war, dass Geislingen und sieben Gemeinden im Oberen Filstal den Antrag gestellt haben, aus dem Landkreis Göppingen auszuscheiden. Das Interesse der Bürger am Instrument des Bürgerbegehrens auf Kreisebene sei jedoch geschrumpft. Dabei wäre diese Möglichkeit ein Fortschritt für das gesamte Land. Deshalb werde das BBG auch vom eingetragenen Verein „Mehr Demokratie“ unterstützt.
10 000 Unterschriften benötigt die Geislinger/Gmünder Initiative, um beim Innenministerium den Zulassungsantrag für ein Volksbegehren stellen zu können. Um Ausfälle, zum Beispiel durch doppelte Unterschriften, ausgleichen zu können, müssten 12 000 bis 14 000 Unterschriften gesammelt werden, meint Schrag.
Vom Begehren bis zur Abstimmung
Wenn das Innenministerium den Antrag auf ein Volksbegehren zulässt, werden landesweit in den Rathäusern Unterschriftenlisten dafür ausgelegt. Dann müssten innerhalb einer bestimmten Zeit mindestens ein Zehntel der Wahlberechtigten unterschreiben. Ist auch dies erreicht, muss der Landtag über das Anliegen abstimmen. Stimmt er nicht zu, kommt es zu einer Volksabstimmung. Dann müsste die Mehrheit der Stimmberechtigten zustimmen.
Copyright Gmünder Tagespost, 28.01.2023