Damit Kinder Platz im Straßenverkehr haben
Schwäbisch Gmünd. Mit Helm und sichtlichem Vergnügen radelte der kleine Junge um seine Eltern herum. „Anton, schau, jetzt fahren wir los“, rief ihn seine Mutter, als sich das Polizeiauto vor ihnen in Bewegung setzte. Eltern und Kind waren drei von rund 200 Radlern, die mit der „Kidical Mass“ am Samstagmittag rund um Gmünds Innenstadt fuhren. Polizei und Ordner sperrten die Fahrwege, so dass Männer, Frauen und viele Kinder sicher vom Bahnhof aus entlang der Rems- über die Baldung- in die Königsturmstraße einbiegen konnten. Von dort zog der Tross über Klösterle-, Goethe- und Rektor-Klaus-Straße zum Bahnhof. Zum Abschluss ging es über die Ledergasse zum Marktplatz und zum Johannisplatz. Hier zeigten unter anderem örtliche Fahrradgeschäfte ihr Angebot.
Sicher mit dem Rad zur Schule
„Radeln zu können, wo sonst nur Autos fahren, ist eine tolle Erfahrung“, sagte Veranstalter Sebastian Fritz. Das Vorstandsmitglied des Stadtjugendrings erklärte die Aktion der Kidical Mass, welche deutschlandweit stattfindet: „Wir werben für das Fahrrad als Verkehrsmittel.“ Im Fokus stehen dabei die Kinder: „Wir brauchen sichere Radwege für sichere Schulwege“, mahnte Fritz. Die Tour sei allerdings nicht rein politisch gemeint gewesen: „Der Spaß sollte im Vordergrund stehen.“
Für viele Teilnehmer stand aber die Botschaft an die Stadtpolitik an erster Stelle. „Das ist eine super Aktion, weil Fahrräder und Kinder gleichermaßen unterrepräsentiert sind im Straßenverkehr“, meinte Lukas Hieber. Der Familienvater kritisierte, dass bei der Verkehrsplanung „nur aus der Sicht von Autofahrern“ gedacht werde. „Radfahren wird aber immer wichtiger für den Nahverkehr werden.“ Die Familie aus Straßdorf radle oft mit ihren drei Kindern durch die Stadt. „Aber wirklich wohl fühlen wir uns dabei nicht.“ Auch Felix Panni sagte: „Gmünd ist nicht fahrradfreundlich.“ Gerade beim Radeln mit Kindern falle das auf. Seine Frau Francesca ergänzte: „Radfahrer kommen im Bewusstsein vieler Autofahrer nicht vor.“ Sie bringen ihren drei Kindern bei, das Fehlverhalten von Autofahrern auszugleichen, etwa durch langes Schauen und Warten.
Auch Matthias Lieb kritisierte: „Mir sind auf der Strecke keine Radwege aufgefallen.“ Der Landesvorsitzende des Verkehrsclubs Deutschland mahnte in seiner Rede nach der Tour, dass gerade die Kinder Platz im Straßenverkehr bräuchten. „Kinder müssen aktiv sein, um Situationen richtig einschätzen zu können.“ Die kurzen Wege in der Stadt seien leicht zu Fuß oder mit dem Rad zu bewältigen. „Dieser Mobilitätswechsel muss im Alltag der Menschen ankommen.“
Alternative Mobilität war eines der Themen beim Aktionstag Nachhaltigkeit „Gmünd für morgen“. Auf Einladung der Stadt präsentierten sich Partner und Organisationen auf dem Johannisplatz. „Wir möchten auf die verschiedenen Aspekte der Nachhaltigkeit aufmerksam machen“, sagte Inga Adam. Die stellvertretende Leiterin des Amts für nachhaltige Entwicklung, Klimaschutz und Bürgerbeteiligung stand mit Mobilitätsmanagerin Anja Tamm am Glücksrad. Darauf stand etwa „kein Hunger“ oder „bezahlbare und saubere Energie“. „So sind wir mit den Menschen über viele Themen ins Gespräch gekommen“, sagte Tamm. Etwa zum E-Car-Sharing, das von den Stadtwerken angeboten werde. Oder zum Unverpackt-Laden. Zum Wunsch nach Radwegen, erklärte Tamm, dass das eines der Themen sei, „an dem wir dran sind“.
Copyright Gmünder Tagespost, 20.09.2021