Die Diskussion über ein Amazon-Verteilzentrum im Benzfeld geht weiter. Christoph Markowetz spricht sich für die Seitengässler, einem Zusammenschluss kleinerer Händler in Gmünds Gassen, gegen eine Ansiedlung von Amazon aus. Auch Christoph Schulte, Geschäftsführer von „Schulte Autoteile und Industriebedarf“, hinterfragt die Ansiedlung.
Die Seitengässler sind gegen eine Ansiedlung von Amazon, weil dies „eine Bedrohung vieler Existenzen“ bedeuten würde, sagt Markowetz. Denn die Ansiedlung von Amazon werde mittel- und langfristig Auswirkungen auf die kleinen Händler und deren Jobs haben. „Vorteile, die der Einzelhandel vor Ort gegenüber dem Versandhandel noch bieten kann, werden dadurch minimiert“, sagt der Chef der Galerie der Sinne. Denn Amazon werde durch die flächendeckende Ausbreitung von Verteil- und Logistikzentren ermöglicht, Ware am gleichen Tag zuzustellen. Durch solche verkürzten Lieferzeiten sei Amazon auch in der Lage, den Versand von Lebensmitteln und frischer Ware auszubauen. „Dies wird eine enorme Auswirkung auf den Lebensmitteleinzelhandel vor Ort haben“, sagt Markowetz.
„Die Corona-Krise zeigt uns, wie wichtig es ist, vor Ort verantwortungsbewusste Produzenten und Händler zu haben, die ihren Versorgungsauftrag für eine Region ernst nehmen, nicht geleitet vom absoluten Gewinn“, sagt Markowetz weiter. Die Situation des stationären Einzelhandels sei durch die Folgen der Corona-Pandemie sehr angespannt. In dieser Phase hätten die Händler von ihren Kunden in den vergangenen Wochen Unterstützung und Solidarität erfahren können. Ein solches „Zeichen für uns, als Handel vor Ort, und ein klares Bekenntnis, diese Infrastruktur zu erhalten und zu fördern“, wünschen sich die Seitengässler auch von der Stadt.
Die Stadträte haben die Möglichkeit, mit Verantwortung, Weitblick und Herz darüber zu entscheiden.
Die Seitengässler hätten schon vor Corona versucht, „einen Weg zu finden, unsere Stadt und das Einkaufen hier vor Ort attraktiv zu gestalten“. So bieten sie einen Lieferservice per Rad oder Taxi. Markowetz sieht dabei durchaus die digitale Herausforderung für Gmünds Händler. Er schlägt eine Einhorncard vor, der sich Handel, Gastronomie, ÖPNV und Stadt anschließen. Vorteile für den Kunden seien einfaches Bezahlen und Vergünstigungen bei hoher Nutzung. Städte wie Schorndorf oder Mühlacker hätten mit solchen Karten gute Erfahrungen gemacht. Die Entscheidung, Amazon in Gmünd anzusiedeln, habe weitreichendere Auswirkungen als die Schaffung von 120 Arbeitsplätzen, sagt Markowetz. Und ergänzt: „Die Stadträte haben die Möglichkeit, mit Verantwortung, Weitblick und Herz darüber zu entscheiden.“
„Die Stadt muss vermehrt schauen, dass sich Unternehmen ansiedeln, die nachhaltig für Arbeitsplätze und Steuereinnahmen sorgen“, sagt Christoph Schulte. Dazu solle die städtische Wirtschaftsförderung im Remstal nach nachhaltigen Unternehmen schauen, sie fragen, ob sie in Gmünd investieren wollen. Denn im Remstal sei Grund und Boden „exorbitant teuer“. Auch Schulte geht auf die Coronakrise ein. Der Staat könne nur Kurzarbeit finanzieren und Kredite vergeben, weil er die Steuergelder dafür habe. „Wie soll ein Staat so etwas schaffen, wenn er ein Unternehmen ansiedelt, das sich diesem Solidaritätsprinzip entzieht“, fragt der Unternehmer und ehemalige CDU-Stadtrat. Amazon zahle keine Steuern in Deutschland. Andere Unternehmen zahlten Steuern, Arbeitnehmer auch. Amazon erzeuge ein riesiges Verkehrsaufkommen, die Kosten für die Straßen trügen Bund, Land und Kommunen. „Warum favorisiert man eine Firma, die andere Steuerzahler kaputt macht und deren Arbeitsplätze“, fragt Schulte und weist darauf hin, dass Händler Leute nicht nur zum Mindestlohn beschäftigten. Schulte sieht, dass Amazon Vorteile für den Kunden habe: Er bestelle um 8 Uhr und habe seine Ware um 10 Uhr. Doch er fragt: „Gibt es dann noch eine schöne Einkaufsstadt Schwäbisch Gmünd?“
Die Seitengässler: Galerie der Sinne, S‘Bonbole, Stoff Reitter, Ofen Seibold, Fresco Bioweine und Cafe, Bilderbogen, Stilbruch, Altmann natürliche Mode, s‘Kistle, Outdoor-Zeit, Herzer, gesunde Schuhe, Breyer, Bäckerei Thorwart, Metzgerei Nagel, Unverpackt GD, Buchhandlung Fiehn, Pop-Up Buhlgässle.