Rechnet sich die Stadt Schwäbisch Gmünd ihr Klima schön? Diesen Vorwurf erhebt Andrea Pitschmann vom Gmünder Ortsverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Sie kritisiert das Klimaschutzkonzept, das die Stadtverwaltung vergangene Woche in den Gemeinderat eingebacht hat. Kritik an der Art der Einbringung und den vorgeschlagenen Maßnahmen kommt auch vom Ortsverband der Linken.
Zur Erklärung: Kohlendioxid (CO2) gilt als der wichtigste Treiber der Erderwärmung. Um den Beitrag einzelner Kommunen zu dieser Erwärmung vergleichen zu können, werden deshalb die vor Ort produzierten Treibhausgase in so genannte CO2-Äquivalente (CO2e) je Einwohner umgerechnet.
Bei dieser Zahl, so stellt die städtische Vorlage zu dem Thema fest, liege Gmünd gar nicht so schlecht: 4,4 t CO2e pro Kopf habe Gmünd 2018 ausgestoßen – deutlich weniger als Baden-Württemberg (6,9t CO2e pro Kopf), Deutschland (10,4t CO2e pro Kopf) oder die Europäische Union (8,9t CO2e pro Kopf). Aufgrund dieses Vergleichs kommt der unter Federführung von Baubürgermeister Julius Mihm entstandene Sachstandsbericht zu dem Schluss, dass es für die Stadt auch schwerer sei, die geforderten prozentualen Einsparungen an Treibhausgasen zu erreichen als für Land, Bund oder EU.
„Falsch gerechnet“
Doch die Stadt habe falsch gerechnet, kritisiert Andrea Pitschmann. Gmünd habe nicht das übliche standardisierte Rechenmodell angewandt, das die Werte verschiedener Kommunen vergleichbar mache. Nach diesem Rechenmodell, so Pitschmann, müsste Gmünd einen Aufschlag verbuchen zum Beispiel für den Flughafen Stuttgart, den Gmünder Bürger zwar nutzen, dessen Ausstoß an Treibhausgasen jedoch nur die Stuttgarter Klimabilanz belastet. Nach diesem Rechenmodell weise das Statistische Landesamt für Gmünd 2017 einen Wert von 7,7t CO2e pro Einwohner aus.
Die Kritik, Gmünd rechne sich seine Klima-Bilanz schön, weist Rathaussprecher Markus Herrmann zurück. Die unterschiedliche Ausgangslage jeder Kommune sei bereits bei der Einbringung des Klimakonzepts Thema gewesen. Tatsächlich verweist die Diskussionsvorlage an den Gemeinderat darauf, dass Gmünd keine Einrichtungen wie Hafen, Flughafen oder Kraftwerk habe, die in großem Maße Treibhausgas ausstoßen. Außerdem, so Herrmann, sei die Einbringung kein Endpunkt gewesen, sondern nur ein Baustein: Das Thema werde die städtischen Gremien auf Jahre hinaus beschäftigen.
Auch der Vorstand der Linken in Gmünd befasste sich mit der Einbringung des Klimaschutzkonzepts. Und auch dessen Mitglieder sahen Grund zur Kritik. Die Vorschläge zum Klimaschutz seien „allesamt nicht neu und auch sehr mutlos“. Die für Klimaschutz-Maßnahmen eingestellten Mittel von 100 000 Euro jährlich seien „eine Lachnummer“. Dürftige Bemühungen zum Ausbau des Radwegenetzes seien da nur ein Beispiel. Aalen habe für diesen Zweck in den nächsten fünf Jahren zehn Millionen Euro eingeplant.
Distanz gefordert
Die Linken kritisieren außerdem, dass Baubürgermeister Julius Mihm sich bei der Einbringung des Themas „missverständlich“ geäußert habe. Er habe den Eindruck erweckt, dass der derzeitige Klimawandel möglicherweise nicht vom Menschen verursacht werde. Dabei sei sich die Wissenschaft „durchgängig einig“ darüber. Zweifel würden nur von einem der AfD nahe stehenden Institut geäußert. Der Linke-Vorstand fordert, dass sich Mihm „klar von solchen Organisationen distanziere“. Die Formulierung des Bürgermeisters hatte bereits bei der Einbringung für Diskussionen gesorgt. Mihm hatte geäußert, er habe sagen wollen, dass man nicht weiter komme, wenn das Thema angstbesetzt sei.