Haushalt: Esperanza wehrt sich gegen AfD

Kultur: Während die AfD-Fraktion der Jugendkulturinitiative und dem Esperanza „ideologische Beeinflussung“ vorwirft und ihre komplette Förderung streichen will, bescheinigen Polizei und Landesregierung keinerlei extremistische Tendenzen. Was steckt hinter den Attacken?
SCHWÄBISCH GMÜND. Wichtiger Bestandteil für Jugendarbeit in Schwäbisch Gmünd oder ein Ort von „politischer Indoktrination bis hin zu extremistischen Bezügen“? Letzteres unterstellte AfD-Fraktionschef Andreas Wörner der Jugendkulturinitiative sowie deren Jugendkulturzentrums Esperanza im Gmünder Osten. Wenn’s nach der Fraktion der AfD geht, soll sämtliche Unterstützung für das „Espe“ gestrichen werden – finanziell, sachlich und räumlich.
Auf Nachfragen der Rems-Zeitung, zeichnet Wörner ein klares Bild, wie sich seine Fraktion Jugendförderung vorstellt – oder eben nicht vorstellt. Für die Ultrarechten geht es um „Leistung, Verlässlichkeit, Disziplin und Gemeinschaft“. Am liebsten durch Blaulichtorganisationen sowie Sport-, Kultur- und „Traditionsvereine“. Was hingegen nicht ins Bild passt für die angebliche Alternative für Deutschland im Gmünder Gemeinderat? „Ideologisch aufgeladene Projekte
mit fragwürdigem gesellschaftlichem Nutzen“. Das Esperanza wird zwar nicht explizit als solches
Projekt bezeichnet. Interpretationsspielraum bleibt jedoch wenig, wenn die AfD ausgerechnet der JKI und dem Esperanza die Mittel ersatzlos streichen will und gleichzeitig dabei den „Schutz junger Menschen vor einseitiger weltanschaulicher Beeinflussung“ fordert. Weiter mahnt Wörner, ebenfalls ohne JKI oder Esperanza zu nennen: „Jugendförderung darf nicht zur Spielwiese für weltanschauliche Agendaarbeit verkommen.“
Auf Nachfrage kann Polizeisprecher Bernd Märkle vom Polizeipräsidium Aalen mit einer politischen Einordnung dienen. Das Esperanza und die Jugendkulturinitiative seien „auf dem politischen Spektrum als links einzuordnen“. Und, führt der Sprecher aus: „Es sind aber polizeilich
keine extremistischen Bezüge bekannt.“ Es ist nicht das erste Mal, dass das Esperanza ins Visier der AfD gerät. Im Oktober 2021 richtete der Landtags- und Bundestagsabgeordneter Ruben Rupp eine Anfrage an die Landesregierung, in der er sich nach dem Kenntnisstand der Landesregierung über die Aktivitäten sowie die Jugendkulturinitiative als solche erkundigte. Ebenso forderte er eine Bewertung der Landes-Förderung, „obwohl der Verein auf gemeinsamen Veranstaltungen mit
Parteien/Organisationen auftritt, die laut Landesamt für Verfassungsschutz als extremistisch gelten“. Konkret bezog sich Rupp dabei auf die linksjugend solid Ostalb sowie den MLPD Ortsverband Schwäbisch Gmünd.
Die Antwort mit Unterschrift von Landesinnenminister Thomas Strobl? Das Esperanza stehe nicht unter der Beobachtung des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV). Und: Dem LfV liegen keine
Hinweise für extremistische Bestrebungen im Sinne des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Baden-Württemberg vor.“
Einen Schwerpunkt für Linksextremismus stelle der Ostalbkreis ebenfalls nicht dar, heißt es weiter. Das LfV beobachtete damals stattdessen „rechtsextremistische Teilstrukturen innerhalb der AfD“. Im Esperanza selbst betont man die Grundwerte der Initiative: Freiraum, Vielfalt und Selbstbestimmung. „Uns ist es dabei wichtig, einen Schutzraum für alle, die sich diesen Werten und Ideen anschließen, darzustellen“, äußern sich die Mitglieder gegenüber der RZ. Diese Werte
wolle man gewaltfrei umsetzen und eine „politisch diverse Gemeinschaft auf den Grundlagen unseres gemeinschaftlichen Wertekompasses“ bilden.
Dabei betonen die Mitglieder: „Wir sind keine politische Organisation mit ausgearbeitetem Programm, sondern bieten mit unserem Raum einen Platz für einen respektvollen politischen Diskurs. Auch auf unserer Bühne und in unserem Publikum haben alle Platz, die bereit sind, sich diesen Grundsätzen anzuschließen.“ Für das Jahr 2026 plant die Stadt, die Jugendkulturinitiative Schwäbisch Gmünd mit 16.800 Euro zu bezuschussen, 2027 sind es noch 14.800 Euro. „Zur Realisierung dieses Projekts sind wir auf die finanzielle Förderung der Stadt angewiesen“,
erklären die Mitglieder.
Die Stadtverwaltung hat Anfang November ihren Entwurf für den Doppelhaushalt der Stadt Schwäbisch Gmünd für 2026 und 2027 vorgestellt, die Fraktionen des Gemeinderats hatten in der jüngsten Sitzung des Gremiums die Gelegenheit, Stellung zu beziehen. Am Mittwoch, 17.
Dezember, soll der Haushalt verabschiedet werden.
Das Esperanza in der Benzholzstraße in Schwäbisch Gmünd sowie einige Mitglieder der Jugendkulturinitiative. Die AfD will alle Mittel für die JKI im städtischen Haushalt streichen.
Das Esperanza und die Jugendkulturinitiative Schwäbisch Gmünd gibt es seit 2001. Die Mitglieder setzen sich gegen Diskriminierung aller Art ein und veranstalten in regelmäßigen Abständen
Konzerte, Workshops und andere kulturelle Veranstaltungen. Das Esperanza ist in der Benzholzstraße 8 in Gmünd.
Copyright Rems Zeitung, 06.12.2025
