„Medizinischer Sachverstand wünschenswert“ – Gmünder Ärzte kritisieren Aalener Gutachten
Die Gmünder Ärzteschaft äußert sich kritisch zu einem Gutachten im Auftrag der Stadt Aalen, das zum Ergebnis kommt: Das Ostalb-Klinikum ist fast vom ganzen Ostalbkreis aus binnen 30 Minuten Fahrzeit zu erreichen. Die Rechnung geht nicht auf, sagen die Gmünder Ärzte.
Schwäbisch Gmünd. Wie schnell wäre eine Zentralklinik am Standort des Ostalbklinikums in Aalen von verschiedenen Orten des Kreises aus zu erreichen? Die Gmünder Ärzteschaft äußert sich kritisch zu einem Gutachten, dessen Ergebnis die Stadt Aalen so zusammenfasst: dass das Klinikum fast vom ganzen Ostalbkreis aus binnen 30 Minuten zu erreichen wäre.
Doch dabei seien wichtige Argumente außer Acht gelassen worden, sagt Dr. Bertold Schuler, Vorsitzender der Ärzteschaft Schwäbisch Gmünd. Argumente, die die Gmünder Ärzte etwa in der Gemeinderatssitzung in Gmünd am 7. Februar ausführlich erklärt hätten. Aber: „Leider wurden diese Erläuterungen in Aalen nicht wahrgenommen oder nicht verstanden.“
„Halbe Stunde Fahrzeit in Notfällen oft schon zu viel“
Schulers Kernargument: Die maximal eine halbe Stunde Fahrzeit, die im Gutachten betrachtet wird, ist in Notfällen oft schon zu viel. Schuler legt das Ziel des Landes zugrunde, dass Patienten in Notfällen, die dringende Behandlung erfordern, in nicht mehr als 60 Minuten ein geeignetes Krankenhaus erreichen sollen. Rechne man die üblichen Zeiten vor Beginn einer Rettungsfahrt, dann bleibe häufig weniger als eine halbe Stunde übrig, um einen Patienten 60 Minuten nach einem Notruf in einer Klinik zu haben.
Dr. Schuler rechnet vor: „Dabei ist für Notrufannahme und die Anfahrt eine Zeit von 5 bis 15 Minuten realistisch, für die Versorgung eines schwerkranken Patienten vor Ort und Herstellung der Transportfähigkeit kann mit durchschnittlich 20 bis 30 Minuten gerechnet werden.“ In Sondersituationen, etwa wenn ein Fahrer nach einem Autounfall eingeklemmt sei, oder ein Herzinfarkt mit Reanimation vorliege, würden dann auch 30 Minuten und mehr benötigt.
Behandlung in einem Gesundheitscampus wie Mutlangen nicht möglich
Schuler argumentiert, dass die Versorgung „solcher zeitkritischen Erkrankungen nicht in einem Gesundheitscampus wie Mutlangen stattfinden kann, sondern der besonderen Ausstattung eines Zentralklinikums/Regionalversorgers bedarf“. Damit verbleibe für die Fahrt ins Krankenhaus noch eine Zeitspanne von 15 bis 35 Minuten.
„Zigtausende Bürger des Ostalbkreises betroffen“
Das Gutachten aus Aalen zeige aber deutlich auf, „dass eine solche Fahrtzeit für den Großteil der Schwäbisch Gmünder Raumschaft nicht möglich ist, in Gschwend und Alfdorf selbst bei optimalen Abläufen die 60-Minutenfrist nicht eingehalten werden kann“. Hiervon wären, so Schuler, „nicht nur einige, sondern zigtausende Bürger des Ostalbkreises betroffen sind“, und das stelle für die Ärzteschaft Schwäbisch Gmünd „ein erhebliches Problem dar“.
Schuler schließt mit einer kritischen Bemerkung und einem Appell an die Stadtverwaltung Aalen. „Es wäre wünschenswert, wenn die Aalener Stadtverwaltung bei ihren Bemühungen um den Standort Aalen auch medizinischen Sachverstand zu Rate ziehen würden. Wenn ein solcher in Aalen nicht zu finden sei, „bin ich gerne bereit, dazu im Gemeinderat der Stadt Aalen Stellung zu beziehen“.
Copyright Gmünder Tagespost, 19.02.2024