Politische Lager gespalten: Gmünds Umgang mit öffentlichem Raum in der Kritik
Auf dem Zeiselberg entzündet eine Buddha-Statue eine Debatte: Zwischen Vorwürfen mangelnder Transparenz, politischen Fronten und Kritik an der Bürgerinitiative Stadtklima rückt die Frage in den Fokus, wer in Gmünd über den öffentlichen Raum bestimmt.
Schwäbisch Gmünd. Die 3,5 Meter hohe Buddha-Statue aus Granit auf dem Zeiselberg trohnt erst seit wenigen Wochen über der Stadt, doch ihr Schatten reicht hinein in die kommunalpolitische Debatte. Was bei der feierlichen Weihe Ende September als Symbol für Weltoffenheit, interkulturelle Begegnung und spirituelle Verbundenheit zelebriert wurde, hat sich seither zu einem Prüfstein entwickelt: für Transparenz, demokratische Verfahren und für die Frage, wer in Schwäbisch Gmünd eigentlich über den öffentlichen Raum entscheidet.
Die Kritik der Bürgerinitiative Stadtklima, die bereits bei anderen Projekten mangelnde Einbindung des Gemeinderats beanstandet hatte, hat die politischen Fraktionen nun zu Reaktionen veranlasst. Während einzelne Gruppierungen das Vorgehen der Verwaltung scharf hinterfragen, sehen andere keinen Anlass zur Aufregung. Wieder andere wenden sich gegen die BI selbst.
SPD: „Diskussion über Aufstellung und Kostenbeteiligung war nicht mehr möglich“
Die SPD-Fraktion äußert sich in klaren Worten zur Informationspolitik der Stadtverwaltung. Fraktionsvorsitzende Sigrid Heusel erinnert daran, dass der Gemeinderat „erst vier Tage vor Eröffnung des Denkmals informiert und eingeladen wurde“. Eine ergebnisoffene Debatte sei so unmöglich gewesen. Größere Transparenz sei bei Projekten dieser Art notwendig – und auch in der Vergangenheit nötig gewesen.
Ob die Statue ein Fall von grundsätzlicher Bedeutung sei, lässt die SPD offen. Zwar handle es sich formal um eine Angelegenheit der laufenden Verwaltung, dennoch sei eine Einbindung des Gemeinderats wichtig, „denn auch aus der Bürgerschaft werden berechtigterweise Fragen kommen“, so Heusel. Offen seien aus Sicht der SPD auch die finanziellen Aspekte: Weder in der Gemeinderatssitzung noch auf Nachfrage seien klare Angaben genannt worden. Inzwischen habe die Verwaltung bestätigt, dass die Stadt zumindest die Fundamentkosten trage. „Auch hier gilt – die Stadtverwaltung hätte den Gemeinderat früher einbinden sollen“, meint die Fraktionschefin, zumal es in der Vergangenheit immer wieder Fälle gegeben habe, in denen der Gemeinderat nicht oder ungenügend eingebunden worden sein, „wie auch beim Wohnen am Salvator oder den Gradierwerken“.
söl: „Eindruck der Bevorzugung persönlicher Interessen“
Deutlicher wird die söl-Fraktion. Für Fraktionschef Sebastian Fritz widerspricht das Vorgehen „klar den zentralen Grundsätzen von Transparenz und Beteiligung“. Durch die Intransparenz entstehe „nicht zum ersten Mal der Eindruck der Bevorzugung persönlicher Interessen an gewählten Gremien vorbei“.
Für Fritz steht außer Frage, dass die Statue eine Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung darstellt: Sie greife sichtbar in den öffentlichen Raum ein, berge finanzielle Fragen – und werde in einer Zeit aufgestellt, in der gleichzeitig Zuschüsse an anderer Stelle gekürzt werden müssten. „Die fehlende Transparenz in der Entscheidungsfindung und den finanziellen Aspekten führt zu einem Vertrauensverlust in die Politik“, so Fritz. Dass der Fraktion keinerlei Unterlagen zu Finanzierung oder Folgekosten vorliegen, bezeichnet er als „Missachtung der gewählten Mitglieder des Gemeinderats“.
Die söl sieht ein strukturelles Problem, das sich über Jahre aufgebaut habe. Zumindest für den kulturellen Bereich gelte das in besonderem Maße. „Dies begann spätestens mit der Aufstellung vieler Arbeiten von Diane von Württemberg, die dem OB persönlich gut, als Künstlerin weitestgehend unbekannt ist.“ Das setze sich mit den Gradierwerken fort, oder auch mit Vasen, Löwen und weiteren kümmerlichen Steinabgüssen fort, „während zum Beispiel die Gmünder Art, die lokale Kunst zu einem Bruchteil fördert, komplett gestrichen wurde“. Die Buddha-Statue reiht sich aus söl-Sicht nahtlos ein. Inhaltlich sieht die Fraktion offene Fragen: So gebe es die auf der Stiftertafel genannte „Buddhistische Gemeinschaft in China“ gar nicht als Institution, die Spendertafel sei nur auf chinesisch. „Ohne diese Diskussion bleibt die Chance verpasst, Integration, Verständnis und echten Austausch zu fördern, wodurch das Projekt auf seinen dekorativen Wert reduziert wird.“
Grüne: Standort irritiert – Transparenz hätte Debatte ermöglicht
Auch die Grünen halten die späte Information des Gemeinderats für „ungewöhnlich und fragwürdig“, so Gabriel Baum. Sie stelle die Frage, ob eine Diskussion bewusst vermieden werden sollte. Vor allem der Standort sei aus grüner Sicht diskussionswürdig gewesen: Ein religiöses Symbol asiatischen Ursprungs direkt über einem Biergarten anzubringen, sei „zumindest ungewöhnlich, wenn nicht irritierend“, schreibt der Fraktionschef auf RZ-Anfrage. Außerdem stelle sich für die Fraktion die Frage der Balance: „Muslimische Symbole wie zum Beispiel Minarette beispielsweise werden regelmäßig in Gewerbegebiete verwiesen.“
Ein formaler Ratsbeschluss sei aus Sicht der Grünen zwar nicht zwingend notwendig gewesen, „eine frühzeitige Information und Beratung über das Vorhaben wäre aber wichtig und sinnvoll gewesen und hätte für Transparenz des Vorhabens gesorgt“. Vor allem in den Grenzfällen der Zuständigkeit des Oberbürgermeisters halte man die Einbindung des Gemeinderats für klug, da die Kostengrenzen ungeplant gerissen werden können. In ihrer Bewertung unterscheiden die Grünen zwischen Bedeutung und Ort: Die Statue sei „eine Bereicherung der Stadtgesellschaft“, aber an dieser Stelle „weniger für das Stadtbild“.
Bürgerliste: Kein strukturelles Problem – Fundamentkosten rechtfertigen Verwaltungsentscheidung
Ganz anders sieht es die Bürgerliste Schwäbisch Gmünd. Fraktionsvorsitzender Ullrich Dombrowski verweist darauf, dass der Gemeinderat – zumindest über die Fraktionsvorsitzenden – informiert gewesen sei und keine Einwände erhoben habe. Die Aufstellung sei keine Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung, sondern dem Geschäft der laufenden Verwaltung zuzuordnen. Die Stadt habe lediglich rund 8.000 Euro für das Fundament aufgebracht, was den Verwaltungscharakter des Vorgangs bestätige.
Von einem strukturellen Problem mangelnder Einbindung könne aus Sicht der Bürgerliste daher keine Rede sein. Vielmehr sei die Statue ein Zeichen der Weltoffenheit und angesichts der über 100 Personen umfassenden chinesischen Community eine Bereicherung des Stadtbilds.
FDP/FW: „Gelassenheit“ statt nachträglicher Debatten
Die FDP/FW-Fraktion rät zur Ruhe. Die Finanzierung sei aus ihrer Sicht vollständig durch Spenden gesichert, man sehe keinen Anlass, daran zu zweifeln. „Eine Einbindung des Gemeinderats im Vorfeld wäre sicherlich wünschenswert gewesen – jetzt steht die Statue aber schon. Nun eine größere Diskussion im Nachgang darüber zu beginnen, lehnen wir ab“, man habe drängendere Probleme in der Stadt, so Fraktionsvorsitzender Peter Vatheuer.
Die Buddha-Statue sei ein Zeichen für Toleranz und Weltoffenheit, betont die Fraktion, und nicht mit den Gradierwerken vergleichbar, die ausschließlich aus Steuergeldern finanziert wurden.
AfD: Uneingeschränkte Zustimmung
Die AfD-Fraktion begrüßt die Aufstellung. Fraktionschef Andreas Wörner bezeichnet die Statue als „Zeichen für die Weltoffenheit und kulturelle Vielfalt“ und hält sie für ein „herausragendes Kunstwerk, das an dieser Stelle sehr gut zur Wirkung kommt“. Die Finanzierung sei privat erfolgt, Folgekosten erwarte er nicht. In der Politik müsse der Gemeinderat immer wieder kurzfristig entscheiden, ein Ausnahmefall liege nicht vor.
CDU und die Partei: Keine Antwort und Kritik an der BI
Die CDU-Fraktion und Stadtrat Carlo Geiger (Die Partei) haben nicht geantwortet.
Kritik einzelner Fraktionen richtete sich zuletzt auch gegen die Bürgerinitiative selbst. Ihr werde vorgeworfen, den Konflikt zu verschärfen oder einen „Keil“ zwischen Gemeinderat und Verwaltung zu treiben. BI-Sprecher Michael Stütz zeigt sich darüber „betroffen“ und betont die überparteiliche Ausrichtung der Initiative. Man sehe sich „in besonderer Verantwortung gegenüber den Gmünder Bürgerinnen und Bürgern“ und habe den Fall aufgegriffen, weil das Projekt – wie zuvor die Fällung der Bäume am Johannisplatz oder das Gradierwerk – ohne erkennbare Beteiligung des Gemeinderats umgesetzt worden sei. Nicht die Statue selbst sei Anlass der Kritik gewesen, sondern der Entscheidungsprozess.
Stütz verweist darauf, dass es weder im Bürgerinformationssystem noch in der Presse Vorabinformationen gegeben habe, obwohl die Gespräche zwischen Stadt, Sponsoren und Initiatorin Eunice Wang über Monate geführt wurden. Auch habe die BI frühzeitig das Gespräch mit Verwaltung und Fraktionen gesucht und sehe ihre Rolle explizit darin, Fakten aufzubereiten und demokratische Prozesse zu stärken, nicht darin, Konflikte zu schüren.
Copyright Rems Zeitung, 18.11.2025
