Raketenangriff auf Gmünds Partnerstadt in der Ukraine
Gmünds Solidaritätspartnerschaftsgemeinde Obroschyne in der Westukraine erlebt einen russischen Raketenangriff. Ein Gmünder Feuerwehrauto ist mit ukrainischen Ersthelfern vor Ort.
Schwäbisch Gmünd
Gegen 5.20 Uhr wacht Roman Vaskovets an einem seltsamen Geräusch auf, er rennt auf den Balkon, sieht wenige Sekunden später eine Explosion am Himmel. Er legt sich flach auf den Boden und schützt mit den Händen seinen Kopf. Dann folgt die Explosion der Rakete mit einer Druckwelle, die seine Balkontüre aufreißt. Der 37-Jährige lebt in Obroschyne, eine Gemeinde mit rund 8000 Einwohnern in der Westukraine und seit Mitte September 2022 Gmünds Solidaritätspartnerschaftsgemeinde.
Ein großer Krater im Garten
Dann geht alles ganz schnell. Roman Vaskovets arbeitet bei der Gemeindeverwaltung, ist aber privat bei der Freiwilligen Feuerwehr in Obroschyne aktiv. Da die hauptamtlichen Floriansjünger im Kriegseinsatz sind, hat die Stadt seit Ausbruch des Krieges keine offizielle Feuerwehr mehr. Die Gmünder Feuerwehr hat deshalb eines ihrer ausgemusterten Fahrzeuge nach Obroshyne übergeben. Zudem erhielten Freiwillige aus der ukrainischen Gemeinde einen Crash-Kurs von der Gmünder Feuerwehr. Das hilft jetzt.
Mit sieben Leuten fährt Roman Vaskovets direkt nach dem russischen Raketenangriff los: Der Marschflugkörper hat einen großen Krater im Garten eines Hauses hinterlassen, insgesamt 35 Gebäude beschädigt, sechs davon komplett zerstört. „Wir haben zuerst die Gas- und Stromleitungen stillgelegt“, berichtet der 37-Jährige. Das hätten ihnen die Gmünder Feuerwehrler beigebracht. Dann seien sie in Gruppen in die zerstörten Häuser gegangen, um nach Verletzten oder gar Todesopfern zu suchen. Zum Glück sei bei dem Angriff niemand ums Leben gekommen, berichtet der Retter. Einige Bewohner hätten Schnittwunden von zerborstenen Fensterscheiben und Verletzungen von herumliegenden Nägeln abbekommen.
Viele stehen unter Schock
Unter Schock stehen danach viele, die Kinder weinen. Polizei und Rettungssanitäter sind kurze Zeit später auch vor Ort und kümmern sich um die Verletzten. „Wir hatten Glück im Unglück“, sagt Vaskovets. In zwei der komplett zerstörten Häusern lebten Familien mit Kindern, die anderen Häuser standen zum Zeitpunkt der Explosion leer. Da die Rakete in der Luft explodiert war, brennen die Gebäude nicht. Die Druckwelle richtet die Zerstörungen an. Trotzdem legen die Feuerwehrleute sicherheitshalber eine Wasserleitung, falls Leitungen im Nachgang brennen. „Auch das haben uns die Gmünder beigebracht“, erklärt der Freiwillige.
Drei Zelte aufgebaut
Dann beginnen zahlreiche Hilfsmaßnahmen. Die Feuerwehrleute bauen drei große Zelte auf, in denen die Bewohner der zerstörten Häuser ihr Hab und Gut unterstellen können. Viele kommen bei Familien im Ort unter. Eine Familie kann ein Zimmer im örtlichen Hotel nutzen. „Der Zusammenhalt untereinander ist hier sehr groß“, weiß der 37-jährige Helfer. Viele packen mit an, räumen Trümmerteile auf, bauen zerstörte Gartenhütten und beschädigte Mauern ab, die einsturzgefährdet sind, andere organisieren Verpflegung.
Baumaterial gesucht
Polizei und Gemeindeverwaltung untersuchen und dokumentieren die Schäden an den Gebäuden, damit die Bewohner in der Folge Unterstützung beantragen können. „Die Menschen wollen ihre Heimat wiederaufbauen und hier bleiben“, erklärt Roman Vaskovets. Zur Beschaffung von Baumaterial brauchen sie finanzielle Unterstützung. Ziegelsteine, Dachplatten, Zement, Holz und Fenster werden benötigt. Den Wiederaufbau stemmen die Menschen vor Ort unentgeltlich.
Ob sie Angst haben vor dem nächsten Angriff? Das könne er nicht pauschal sagen. Warnsirenen, Ungewissheit und Kriegsnachrichten gehörten mittlerweile zur Tagesordnung. „Wir leben so seit eineinhalb Jahren“, erläutert Vaskovets, der froh und dankbar ist über die vielfältige Unterstützung aus Schwäbisch Gmünd.
Spenden für Gmünds Partnerstadt Obroshyne
Partnerschaft: Seit Mitte September 2022 besteht zwischen der Stadt Schwäbisch Gmünd und der Gemeinde Obroshyne in der Westukraine offiziell eine sogenannte Solidaritätspartnerschaft. Seither wurde im Zuge dieser Partnerschaft ein Feuerwehrprojekt durchgeführt. Außerdem wurden Generatoren und zwei Kleinbusse beschafft, welche die an die Front beorderten Schulbusse ersetzen sollen. Ein Toyota Pick-Up soll unter anderem für Krankentransporte in der ukrainischen Gemeinde eingesetzt werden. Der Gmünder Stadtrat Sebastian Fritz startete gemeinsam mit Olga Gerashchenko vom Verein Muni und dem von ihr gegründeten Verein Ukraine-Hilfe Göggingen einen Spendenaufruf für mobile Endgeräte für die beiden Schulen in Obroshyne. Gmünder Institutionen spendeten bereits Warnwesten, Verbandstaschen, Heizlüfter und viele Hilfsgüter mehr.
Spenden: Wer für Gmünds Partnerstadt in der Ukraine spenden möchte, kann dies tun unter: Ukraine-Hilfe Göggingen, Betreff: Städtepartnerschaft, IBAN: DE196145005010013192, BIC: OASPDE6AXXX.
Copyright Gmünder Tagespost, 03.09.2023