Stürmische Diskussion um den Gmünder Himmelsstürmer

Im Bauausschuss des Gmünder Gemeinderats wurde rege über die Turm-Sanierung diskutiert. Doch das Prestigeprojekt erhalten, wollen fast alle.
Schwäbisch Gmünd. Voraussichtlich 600.000 Euro wird die Sanierung des seit März vergangenen Jahres gesperrten Leuchtturmprojekts der Landesgartenschau 2014 verschlingen – und damit mehr kosten als der Bau des weithin sichtbaren Aussichtsturms im Landschaftspark Wetzgau. Fäulnis und Pilzbefall haben ihm so sehr zugesetzt, dass umfassende Bauarbeiten notwendig sind, um die 40 Meter hohe Holzkonstruktion zu erhalten und wieder für den Publikumsverkehr zugänglich zu machen.
Große Bandbreite an Positionen
Im Bauausschuss des Gemeinderats wurde nun kontrovers über Sinn, Zweck und vor allem Finanzierbarkeit einer Renovierung diskutiert, ehe das Gesamt-Gremium am nächsten Mittwoch, 23. Juli, darüber abstimmen wird. Oberbürgermeister Richard Arnold intonierte die Debatte mit einem großen Vergleich: Auch den Eiffelturm oder das Brüsseler Atomium habe man schließlich sanieren müssen. Das Gmünder Modellprojekt sei „nie für die Ewigkeit geplant und konzipiert“ gewesen. Arnold betonte: Dass man mit 65 Prozent Förderung vonseiten des Landes rechnen könne, sei „üppig“ und „nicht üblich“.
CDU-Vertreter Martin Bläse bekannte sich klar zum Erhalt des Turms. Aber: „Pilotprojekt heißt für mich nicht Provisorium“, entgegnete er dem OB. Während in der Beratungsvorlage vom „Prestigeprojekt“ gesprochen werde, sei für ihn hingegen klar: „Das ist kein Prestigeprojekt, sondern hat so nicht funktioniert.“ Man müsse daraus dringend Lehren für künftige städtische Großprojekte ziehen.
Viel Kritik an Bauplanung
Karl Miller brachte die noch kritischere Position der Grünen ein: Zentrale Maximen des Holzbaus seien bei der Ursprungsplanung missachtet worden. „Grobe Fahrlässigkeit“, lautete sein Resümee. Die Stadt solle unbedingt prüfen, ob Planer oder ausführende Firmen haftbar gemacht werden könnten. Dies habe man „intensiv“ getan, hieß es vonseiten Richard Arnolds. Die Erfolgschancen seien jedoch gering. Baubürgermeister Julius Mihm versuchte postwendend, die Hintergründe der seinerzeitigen Entscheidungen zu beleuchten: „Es gab keine Beispiele“, warb er um Verständnis. Und Brandschutz-Aspekte hätten seinerzeit auch so manches überlagert.
Tim-Luka Schwab ergriff sodann aus den Reihen der SPD das Wort – und stellte gleich klar: Er vertrete eine „Einzelmeinung“ innerhalb seiner Fraktion, die sich „in ihrer großen Mehrheit“ für die Sanierung ausspreche. Schwab deutlich: „Ich weiß, dass ich mich heute unbeliebt mache.“ Der Etat der Stadt sei jedoch derart defizitär, dass man sich auf die Pflichtaufgaben konzentrieren müsse.
„Verdammt teure Fehlkonstruktion“
„Fast zwingend“ erschien indes AfD-Repräsentant Andreas Wörner die Renovierung. Es sei für ihn schlicht „nicht vorstellbar“, dass der Turm dauerhaft geschlossen oder abgerissen werde. „Wenn wir ein Konzept haben, sollten wir das umsetzen.“ Benedikt Disam (Bürgerliste) stieg in die holztechnischen Details ein: Warum sei der Baustoff damals nicht „vernünftig imprägniert“ worden, stellte er als Frage in den Raum. Und schob hinterher: „Ein Pilotprojekt mit 600.000 Euro ist schon eine Hausnummer.“
Noch deutlicher wurde Dr. Andreas Beck für die söl-Fraktion: Beim Himmelstürmer handelt es sich aus seiner Sicht um eine „verdammt teure Fehlkonstruktion – genau wie auch der Lindenfirstturm“. Es sei viel zu früh, nun Grundsatzbeschlüsse über die Finanzierung zu fällen: „Es wäre wirklich gut, wenn wir im Hinblick auf unseren Doppelhaushalt nicht nach und nach Ausgaben beschließen, ohne zu wissen, auf was wir dann verzichten müssen.“ Auf den stadtbildprägenden Turm zu verzichten: Dies ist indessen weder für Wetzgaus Ortsvorsteherin Dr. Ute-Angela Schütte, noch für Gmünds Tourismus-und-Marketing-Experten Markus Herrmann eine Option, wie sie beide vehement betonten: Der Himmelsstürmer sei, so Herrmann, nichts weniger als „das große Symbol“ der Stadt und „keine Bau-Investition, sondern eine soziale Investition in die Stadtgesellschaft“.
Wurde zu wenig kontrolliert?
Eher als „Roulette-Spiel“ statt ernsthaftes Experiment für Holzbau stellt sich die 40-Meter-Konstruktion unterdessen für Jens Freitag (FDP/FW) dar. Es sei nach dem Bau zu wenig beobachtet und geprüft worden, argumentierte er. Hat sich die Stadt diesbezüglich Versäumnisse vorzuwerfen? Auf Nachfrage dieser Redaktion weist Richard Arnold auf den „hohen Zeitdruck“ im Vorfeld der Landesgartenschau hin. Und danach? Man habe „schon danach geschaut“. Aber: Der Fokus sei stets mehr auf Sicherheitsfragen gelegt worden, so der Gmünder OB. Christian Nick
Himmelsstürmer-Sanierung: Was genau geplant wird und wann man fertig sein will
Das Sanierungskonzept sieht unter anderem vor, die mit Riffelblechen versehenen Holzpodeste auf allen Ebenen zu entfernen. Jene sollen durch verzinkte Gitterroste auf einer Stahlkonstruktion ersetzt werden. In die vorhandenen Öffnungen werden automatisch steuerbare Lamellenfenster eingebaut, die Witterungsschutz, Durchlüftung und Brandschutz gewährleisten.
Man rechnet bei der Stadt mit Gesamtkosten in Höhe von 595.000 Euro, die in den nächsten Doppelhaushalt für die Jahre 2026 und 2027 Aufnahme finden sollen. Abzüglich der Landes-Förderung von 65 Prozent – die Bewilligung der Finanzspritze ist für den Spätherbst avisiert – beträgt der städtische Eigenanteil noch 208.000 Euro. Davon wiederum will der Freundeskreis Himmelsstürmer rund die Hälfte aufbringen. Läuft alles nach den Plänen der Verantwortlichen, könnte das glänzende Wahrzeichen der Stadt im Sommer nächsten Jahres wieder von Besuchern betreten werden.
Copyright Gmünder Tagespost, 18.07.2025