Wie geht es mit dem halbfertigen Schmiedgassen-Projekt weiter?
Ist jetzt erst mal Winterpause in den Schmiedgassen oder geht es mit der Entwicklung zügig weiter? OB Richard Arnold hofft auf Initiativen aus der Bürgerschaft – und Ideen der Busunternehmen.
Schwäbisch Gmünd
Zweieinhalb Monate nach der Umgestaltung steht das Schmiedgassen-Projekt an einer Wegmarke: Die Sommer-Ausstattung mit Pflanzen und Sitzgelegenheiten ist weg, es sieht trist aus, wenn Holz-Strandkörbe verlassen in der Herbstkühle stehen. In der kommenden Woche hat die Stadt ein Treffen der Anwohner geplant. Wie geht‘s weiter mit dem halbfertigen Projekt?
Die breite Zustimmung: Madeleine Bazzano verdient weniger seit der Umgestaltung, aber die Geschäftsführerin des Café Mikro ist trotzdem dafür. „Wir hatten Umsatzeinbußen, weil wir schon immer Gäste haben, die gern mit dem Auto kommen. Unter den Gästen sind die Reaktionen gemischt, aber wir finden die Verkehrsberuhigung dennoch gut.“ Durch den Umbau von Parkplätzen zu einer Holzterrasse hat das Mikro außen 20 neue Plätze dazubekommen. „Das hatten wir uns immer gewünscht“, sagt Bazzano. Das Plus habe aber das Minus nicht ganz ausgleichen können.
Dass weniger Verkehr und mehr Platz für die Menschen den Schmiedgassen guttut, ist breiter Konsens nach zweieinhalb Monaten Umstellung – unter Passanten, Anliegern, Geschäftsleuten, Gemeinderäten. Die GT hat niemand getroffen, der sich den alten Zustand zurückwünscht.
Ich kann nicht die Lebendigkeit verordnen.“Richard Arnold,, Oberbürgermeister
Die Rückeroberung? Jetzt, wo sommerlich flanierende Fußgänger weniger geworden sind, haben manche Anwohner eine schleichende Rückeroberung bemerkt, in der Zone 20 wie auch in den Bereichen, in denen Autos nicht mehr durchdürfen: vom City-Center runter zur Schmiedgasse, dort am gesperrten Abschnitt am Schwanen vorbei. „Es sind wieder mehr Autos, und die Busse fahren wieder deutlich schneller“, sagt Jürgen Stemke von der gleichnamigen Bäckerei. Er würde sich mal eine Geschwindigkeitskontrolle, vielleicht sogar eine Zählung des Verkehrs wünschen.
Das richtige Maß: Ganz ohne Verkehr geht es nicht, finden die Geschäftsleute. „Den Verkehr ganz aussperren, das lehnen wir als HGV ab“, sagt Martin Röttele. „Manche alte Menschen können nicht mehr zu Fuß kommen, für die muss es möglich sein, sie mit dem Auto zu bringen“, sagt Udo Kasper, Inhaber eines Optikgeschäfts am Kalten Markt. Und Roswitha Kasper fügt hinzu: „Mit dem Kompromiss, den es jetzt gibt, kann man leben.“
Die Bus-Frage: Auch das scheint Konsens in der Stadt: Ohne eine Umstellung des Busverkehrs würde die Revitalisierung der Schmiedgassen immer eine halbe Sache bleiben. Als jemand, der dort lebt und arbeitet, ist Jürgen Stemke Dauer-Beobachter: „Mit den Bussen ist es immer noch gefährlich, es kommen Kunden, die sagen, sie haben Angst.“ Rund 1000 Busse fahren dort am Tag durch. Eine Lösung gibt es noch nicht, die Suche danach läuft: „Wir haben den Busunternehmen die Frage gestellt, welche Alternativen sie sehen“, sagt Oberbürgermeister Richard Arnold. In der kommende Woche werde es ein Treffen geben, um das zu besprechen, kündigt er an.
Bus statt Tankstelle? Die Kernfrage lautet: Wo könnten Busse in Zukunft Platz haben, wenn die Haltestellen in der Schmiedgasse wegfallen? Eine Idee aus dem Gemeinderat, von der Linken-Fraktion, hält Arnold auf für unrealistisch im Sinne einer baldigen Lösung: Aus dem Gelände der heutigen Aral-Tankstelle an der Remsstraße ein Art kleinen Busbahnhof zu machen. „Die Tankstelle ist in Privatbesitz, sie hat ihren angestammten Platz. Wie soll das gehen: Soll ich die enteignen?“
Baubürgermeister Julius Mihm hatte das Areal in der Vergangenheit als mögliche Entwicklungsfläche für Wohnbebauung ins Gespräch gebracht. Zumindest prüfen, wie die Besitzverhältnisse sind und ob es Möglichkeiten für die Stadt gäbe, das hält Linken-Fraktionschef Sebastian Fritz aber für sinnvoll. „Denn von dort gibt es schon einen Weg, auf dem Buskunden ziemlich schnell in die Innenstadt kommen.“ Arnold hält sein Vorgehen, als Erstes mit den Busunternehmen zu reden, für das Richtige: „Ich frage die, die es machen – dann gehe ich zu den Gemeinderäten.“
Wie weiter? Das Halbfertige der Schmiedgassen offenbart sich in Situationen: „Wenn jemand mit dem Rollator oder dem Rollstuhl hier auf der Fahrbahn unterwegs ist, und es kommt von hinten ein Bus, dann ist da links und rechts erst mal ein Randstein“, sagt Stemke. Er nennt noch etwas aus seiner Sicht nicht zu Ende gebrachtes: „Schade, dass das mit den Brezelparkplätzen nicht gemacht wurde.“ Auf dem Boden aufgemalt seien sie, aber die entsprechende Kurzzeitparkregelung dazu, die dann auch kontrolliert werde, die gebe es nicht. „In der Realität stehen Autos dort stundenlang, es ist nur Fassade.“
Kritik und weitere Ideen können Schmiedgassen-Anlieger beim Bürgerforum einbringen, das die Stadtverwaltung für den 26. Oktober angesetzt hat. Eine Frage dort wird sein: „Was passiert über den Winter?“
Weihnachtlich in den Gassen? „Es wird weitergehen in den Schmiedgassen“, sagt der OB entschlossen. Idealerweise schon im Winter, und nicht erst, wenn wieder Wetter ist für Strandkörbe und Bananenstauden. „Ich will das bei der Bürgerschaft abfragen“, sagt Arnold, etwa, ob sie sich eine Aktion am verkaufsoffenen Sonntag am 5. Dezember vorstellen können. „Ich bin darauf angewiesen, dass die Bürgerschaft sich einbringt.“ Er hoffe auf eine kleine Gruppe, die sich einbringe. „So wie wir das in Gmünd schon öfter haben, zum Beispiel auf dem Hardt.“ Es geht nur gemeinsam, findet Arnold: „Ich kann nicht die Lebendigkeit der Schmiedgassen verordnen.“
- Kein Café im Zepf und Parken an der Stadtmauer
- Kein Café wird es vorerst im früheren Fernseh Zepf geben: „Wir haben die Besitzer mit Gastronomen zusammengebracht“, sagt OB Richard Arnold. Ohne Ergebnis: „Es bleibt weiter leer.“
- Bau verzögert sich: Der Beginn des Bauprojekts „Wohnen an der Stadtmauer“ verzögert sich. Also werde der Zaun wieder abgebaut, damit Leute dort wieder parken können, kündigt OB Arnold an.
- Busse statt Aral? Die Linken-Fraktion bittet die Stadtverwaltung zu prüfen, ob aus dem Areal der Tankstelle in der Remsstraße längerfristig ein „Umsteigebahnhof für den ÖPNV“ werden könnte.
Copyright Gmünder Tagespost, 16.10.2021