600 Menschen versammelt: Viele wollen für Schleich kämpfen
Gmünder Stadtgemeinschaft sendet ein Signal großen Zusammenhalts an das Unternehmen Schleich nach dessen Ankündigung, aus Gmünd wegzugehen. Betriebsratsvorsitzende Ursula Dürr sagt, wie es nun weitergeht. Von
Schwäbisch Gmünd. Es war ein Signal großen Zusammenhalts in Gmünd: 600 Menschen waren am Mittwochabend auf dem Marktplatz versammelt, um sich mit den Schleich-Mitarbeitern solidarisch und gegenüber dem Unternehmen kämpferisch zu zeigen. Der Grund: Die Firma Schleich hatte vor einer Woche bekannt gegeben, den Stammsitz der Firma in Herlikofen zu schließen und nach München umzusiedeln.
„Wir stehen zusammen, wir stehen für Schleich“
„Wir stehen zusammen, wir stehen für Schleich“, sagte Oberbürgermeister Richard Arnold in einer kämpferischen Ansprache. „Es ist eine klare Fehlentscheidung. Aber eine falsche Entscheidung kann man revidieren“, sagte der Gmünder OB angesichts der Schließungspläne des Unternehmens. Mehrfach brandmarkte Arnold den geplanten Umzug nach München als eine Entscheidung für „Schicki-Micki“ und gegen die Mitarbeiter. Deren Leistungen der vergangenen Jahre werde nun „mit Füßen getreten“.
Neben der Stadtspitze waren Vertreter aller Fraktionen des Gmünder Gemeinderats dabei, Johannes Barth sprach für „Pro Gmünd“, Andreas Schoell für den Handels- und Gewerbeverein. Gekommen waren auch die Gmünder Landtagsabgeordneten Tim Bückner (CDU), Martina Häusler (Grüne) und Ruben Rupp (AfD). Der Fraktionssprecher der CDU, Alfred Baumhauer, erinnerte daran, dass der Gemeinderat wegen der geplanten Verlagerung einen Brief an die Schleich-Spitze geschrieben habe. Die Argumente in der Antwort seien „unverständlich“ gewesen. „Wie kann eine Firma 241 Mitarbeiter in den Dreck ziehen“, fragte Gabriel Baum im Namen der Grüne-Fraktion. Er forderte Respekt und Verantwortung für den Standort, „von dem Schleich so viel profitiert hat“. Die Verantwortlichen der Firma begehen einen großen Fehler, davon zeigte sich die SPD-Fraktionsvorsitzende Sigrid Heusel überzeugt. Ein solcher Kahlschlag sei „unanständig“.
Das Vorgehen der Schleich-Geschäftsführung verstoße gegen das Recht des Betriebsrates und gegen geltendes Recht, sagt Sebastian Fritz, Sprecher der söl-Fraktion. Er appellierte auch an die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut, sich für den Verbleib des Unternehmens einzusetzen. Auch Ullrich Dombrowski, Sprecher der Bürgerliste, stuft das Verhalten der Geschäftsführung als „rechtswidrig“ ein. Zudem sei der Umgang mit Betriebsrat und Belegschaft „ein Skandal“. Für die FDP/FW im Gemeinderat erinnerte Peter Vatheuer die Schleich-Oberen daran, dass ihr Unternehmen in Gmünd eine Top-Adresse sei, in München jedoch nur einer unter vielen.
„Haben bisher keine Informationen bekommen“
Ursula Dürr, die Betriebsratsvorsitzende von Schleich, kündigte den Start von Gesprächen mit der Geschäftsleitung für kommende Woche an. Sie könne leider noch nicht viele der Fragen, die an sie gerichtet werden, beantworten, so die Betriebsratsvorsitzende. „Wir haben bisher noch keine Informationen bekommen.“ Auch keine, „die diese Entscheidung nachvollziehbar machen“. Dürr weiter: „Ich hoffe sehr, dass wir uns stark machen können für die Beschäftigten, dass wir eine Lösung finden.“
Herlikofens Ortsvorsteher Thomas Maihöfer gab zu bedenken, dass Schleich einfach immer zum Ort gehört habe. Das Unternehmen habe nun grade mal ein Jahr mit nicht so gute Zahlen gehabt. Maihöfers Amtsvorgänger Celestino Piazza berichtete, dass Schleich die Herliköfer Fußballer seit zwei Jahren nicht mehr unterstütze. Womöglich sei das schon ein Zeichen gewesen.
Landrat Dr. Joachim Bläse schreibt Schleich-Chef
Landrat Dr. Joachim Bläse hatte sich vor dem Treffen schriftlich an Stefan De Loecker, den CEO der Schleich GmbH, gewandt: Die öffentlich kommunizierte Begründung des Unternehmens für den Rückzug könne er „so nicht stehen lassen“, schreibt Bläse in dem Brief. Schleich habe „Vertriebswege, Produktion, Märkte und die Nähe zu Universitäten und Hochschulen“ als Gründe für einen Wechsel nach München angeführt. Diese wären eigentlich Argumente für die Ostalb, so Bläse: „Diese Gründe wären eher ein Grund gewesen, im Ostalbkreis zu bleiben und Abteilungen in den Ostalbkreis bzw. nach Schwäbisch Gmünd zurückzuholen.“
Landrat bittet Schleich-Chef um ein Gespräch
Schließlich bewerte der Zukunftsatlas 2022 des Prognos-Instituts den Landkreis „als eine der Top-Wachstumsregionen der Zukunftsbranchen in Deutschland mit hohem wirtschaftlichen Potenzial“. Hier gebe es Fachkräfte, „exzellente Vertriebswege und eine sehr gute Markterschließung“, dazu Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Sein Appell laute daher: „Ich bitte Sie um ein Gespräch, in dem wir gemeinsam erörtern, was der Ostalbkreis tun kann, um den Standort Schwäbisch Gmünd-Herlikofen zu erhalten.“
Landeswirtschaftsministerin kommt nach Gmünd
Auch Landeswirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) ist inzwischen eingeschaltet: Am Freitag wird sich die Ministerin laut Stadtsprecher Markus Herrmann in Gmünd mit Oberbürgermeister Richard Arnold zu einem Gespräch über Schleich treffen.
Copyright Gmünder Tagespost, 06.06.2024