Haushaltsrede der söl-Fraktion zum Doppelhaushalt 2026/27
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Arnold,
sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister Baron,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
unsere kommunalen Finanzen stehen nicht einfach unter Druck – sie stehen am Limit. Jahr für Jahr ringen wir darum, mit immer weniger Mitteln das abzusichern, was für die Menschen in Schwäbisch Gmünd unverzichtbar ist: gute Bildung, funktionierende Infrastruktur, sozialer Zusammenhalt, wirksamer Klimaschutz. Wir kämpfen dafür – aber unser Handlungsspielraum schrumpft. Und er schrumpft, weil Bund und Land nicht entschlossen genug gegen die immer weiter auseinandergehende Vermögensverteilung vorgehen.
Der Wirtschaftsweise der Bundesregierung, Achim Truger, bringt es klar auf den Punkt:
„Die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung besitzen 60 Prozent des gesamten Vermögens.“
Diese extreme Vermögenskonzentration ist keine abstrakte Zahl. Sie wirkt jeden Tag hier vor Ort. Sie entscheidet darüber, ob wir die Mittel haben, um unsere Stadt lebens- und zukunftsfähig zu halten – oder ob wir uns von Kürzung zu Kürzung hangeln müssen.
Deshalb sagen wir als söl-Fraktion mit aller Deutlichkeit: Wir brauchen endlich eine gerechte Steuerpolitik. Eine echte Vermögenssteuer und eine faire, mutige Reform der Erbschaftssteuer. Nur so können Kommunen wie Schwäbisch Gmünd atmen, investieren und ihren Menschen das bieten, was sie verdienen.
Denn wenn wir vor Ort immer weiter kürzen müssen, verliert die Demokratie ihren festen Boden – und genau diesen Boden betreten dann die Rechtsradikalen. Das dürfen wir niemals zulassen. Wir brauchen starke, gerechte öffentliche Finanzen. Nicht irgendwann. Jetzt.
Solange der Bund nicht den Mut und den politischen Willen aufbringt, dies umzusetzen, bleibt uns nichts anderes übrig, als auf kommunaler Ebene das Bestmögliche daraus zu machen.
Dies darf jedoch nicht bedeuten, dass wir eine Sparpolitik betreiben, die mühsam aufgebaute Strukturen zerstört oder Institutionen in ihrer Arbeit so stark einschränkt, dass sie ihre für das kulturelle und soziale Miteinander in unserer Stadt immens wichtige Rolle nicht mehr erfüllen können.
Dieses Verständnis war unser Leitmotiv bei der Bewertung des vorgelegten Haushalts – und es sollte das Leitmotiv von uns allen sein.
Bevor wir zu unseren eigentlichen Anträgen und Schwerpunkten kommen, möchten wir uns an dieser Stelle bei der Kämmerei für die konstruktive Zusammenarbeit bedanken. Herrn Bantel, Herrn Ringel, Frau Nimführ und dem ganzen Team – vielen Dank!
Die Haushaltsaufstellung war geprägt von einer frühzeitigen Einbindung des Gemeinderates. Allerdings mussten wir schnell feststellen, dass die Offenheit auch ihre Grenzen hatte. Nämlich dann, wenn es insbesondere von der linken Seite des Hauses Vorschläge gab und diese regelmäßig abgelehnt wurden.
Herr Oberbürgermeister Arnold, Herr Erster Bürgermeister Baron, mit Blick auf die anstehende Haushaltsberatungen fordern wir einen konstruktiven Dialog mit dem Ziel, dass sich im Haushalt möglichst die gesamte Stadtgesellschaft wiederfindet!
Zunächst zu unseren haushaltswirksamen Anträgen:
Schulsozialarbeit
Die zunehmende soziale Ungleichheit in unserer Gesellschaft ist gesellschaftlicher Sprengstoff – sie gefährdet unser demokratisches Zusammenleben. Wenn wir dem vorbeugen wollen, müssen wir den sozialen Zusammenhalt gezielt stärken. Und wenn wir es mit dem sozialen Zusammenhalt in Schwäbisch Gmünd ernst meinen, müssen wir weiterhin dort ansetzen, wo er beginnt: bei den Kindern in unseren Schulen.
Wenn wir heute an Sozialer Arbeit sparen, sorgen wir morgen für mehr Konflikte in den Klassen und für noch stärker überlastete Familien – und am Ende für noch mehr Politikverdrossenheit. Denn genau hier setzt Schulsozialarbeit an. Sie ist kein „nice to have“, sondern kommunaler Kinderschutz und Daseinsvorsorge. Kinder und Jugendliche brauchen eine verlässliche, am Kindeswohl orientierte Zusammenarbeit von Schule und Schulsozialarbeit – planbar und nicht nach Kassenlage.
Wenn wir heute an der Schulsozialarbeit kürzen, sparen wir am Kinderschutz und an der Chancengerechtigkeit in unserer Stadt. Jede gestrichene Stelle bedeutet: weniger Zeit für Gespräche, weniger Schutz für die Schwächsten, weniger Zukunft für unsere Kinder. Und wenn bei uns gilt: Unsere Kinder stehen vor der Klammer, Bildung steht vor der Klammer, dann dürfen wir nicht ausgerechnet bei denen sparen, die jeden Tag an ihrer Seite sind.
Die im Haushaltsentwurf vorgesehene Reduzierung der Vollzeitäquivalente von 15 auf 12 Stellen erscheint vor diesem Hintergrund nicht angemessen. Sie birgt zudem finanzielle Risiken, da Kofinanzierungen von Kreis und Land unter Umständen nicht mehr abrufbar oder rückholbar wären.
Wir beantragen daher, die Zahl der Vollzeitäquivalente nicht auf 12, sondern auf 13 zu reduzieren. Damit würde wenigstens die geplante Kürzung von drei auf zwei Stellen begrenzt – ein sozial ausgewogener Kompromiss, der die Handlungsfähigkeit der Schulsozialarbeit erhält und zugleich einen verantwortungsvollen Umgang mit Haushaltsmitteln gewährleistet.[i]
Sozialberatung Schwäbisch Gmünd:
Die Sozialberatung in Schwäbisch Gmünd ist ein zentraler Bestandteil der Suchthilfe und Prävention für unsere Bürgerinnen und Bürger. Die bereits erneuerten Fenster, ausgetauschten Heizkörper und die frisch gestrichene Fassade haben das Erscheinungsbild und die Nutzbarkeit des Standorts deutlich verbessert. Dennoch besteht weiterhin Bedarf, um das Gebäude mittelfristig funktional und energetisch auf einen zeitgemäßen Stand zu bringen.
Insbesondere die noch ausstehenden Fenster- und Heizkörpererneuerungen halten wir für notwendig, um die begonnene Sanierung qualifiziert fortzuführen. Wir beantragen daher, diese Maßnahmen im Haushalt zu berücksichtigen.[ii]
Verpackungssteuer
Unsere Fraktion setzt sich für die Einführung einer Verpackungssteuer ein, wie sie bereits in Tübingen erfolgreich umgesetzt wird. Ziel ist es, den Verpackungsmüll spürbar zu reduzieren, Mehrwegsysteme zu stärken und umweltfreundliches Konsumverhalten zu fördern.
Angesichts der vorliegenden Umsetzungskonzepte der Verwaltung ist für uns nicht nachvollziehbar, dass ein erneuter Aufschub von zwei Jahren vorgesehen ist – zumal die Steuer auch nachhaltige Einnahmen für den städtischen Haushalt generieren kann.
Wir beantragen daher:
- Eine Diskussion über die Einführung der Verpackungssteuer ab Frühjahr 2026.
- Die Einführung der Steuer bis Sommer 2026, spätestens jedoch Ende 2026.[iii]
Anwohnerparken/Parkkonzept
Wir unterstützen den Vorschlag der Verwaltung, die Gebühren für das Anwohnerparken von 90 Euro auf 120 Euro pro Jahr zu erhöhen. Außerdem begrüßen wir, dass die Verwaltung die Parkraumbewirtschaftung in einem neuen Parkkonzept anpassen möchte. Aktuell erleben wir ein permanentes Ausweichen in die Gebiete, die noch nicht bewirtschaftet werden. Ergänzend beantragen wir, dass besonders schwere Fahrzeuge künftig stärker belastet werden. Für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor und einem Leergewicht von über 1.800 Kilogramm soll die Jahresgebühr 150 Euro betragen. Für Fahrzeuge mit rein elektrischem Antrieb und einem Leergewicht von über 2.000 Kilogramm soll ebenfalls eine Jahresgebühr von 150 Euro gelten.
Der öffentliche Raum ist begrenzt, und daher ist es wichtig, ihn gerecht und effizient zu nutzen. Ein großes Fahrzeug beansprucht mehr Fläche als ein kleines und verursacht höhere Kosten bei der Bewirtschaftung des Parkraums. Diese Unterschiede sollten sich auch in der Gebührenstruktur widerspiegeln. Ziel der vorgeschlagenen Ergänzung ist es, den öffentlichen Raum gerechter zu verteilen, Anreize zur Nutzung kleinerer und leichterer Fahrzeuge zu schaffen und diejenigen, die besonders viel Fläche beanspruchen, angemessen an den Kosten zu beteiligen. Gleichzeitig bleibt das Anwohnerparken für alle, die ihr Fahrzeug tatsächlich benötigen, zu einem fairen Preis möglich.
Wir wollen eine gerechtere Verteilung des öffentlichen Raums erreichen, einen bewussteren Umgang mit privaten Fahrzeugen fördern und eine angemessene Beteiligung großer und schwerer Fahrzeuge an den Kosten der Parkraumbewirtschaftung sicherstellen.[iv]
Stadtjugendring
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Sie haben kürzlich zu Recht betont, wie wichtig es ist, Kinder und Jugendliche stärker in den Blick zu nehmen, damit sie in der aktuellen Lage nicht aus dem Fokus geraten. Wir möchten diese Aussage aufgreifen und deutlich machen, dass der Stadtjugendring eine zentrale Rolle dabei spielt, dieses Ziel zu verwirklichen.
Seit fast 30 Jahren ist der Stadtjugendring ein verlässlicher Partner für seine Mitgliedsverbände und für die Stadt. Die Vereine leisten einen wichtigen Beitrag zur außerschulischen Jugendbildung und -förderung. Zusätzlich organisiert der Stadtjugendring eigene Projekte wie das etablierte Stadtfest für Kids, Bühnenprogramme beim Gmünder Stadtfest, Kleidertauschtage sowie Workshops zu Nachhaltigkeit und Zivilcourage.
Die hauptamtliche Geschäftsführerin in der 25-Prozent-Stelle übernimmt die Beantragung und Beratung zu Landesjugendplan-Zuschüssen – allein für 2025 erwarten wir rund 26.500 Euro, die direkt den Vereinen und der städtischen Jugendarbeit zugutekommen. Weitere Anträge sind gestellt und bewilligt. Diese Arbeit kann weder ehrenamtlich geleistet werden, noch ist die Stadtverwaltung dazu zugelassen. Sprich, es braucht den Stadtjugendring. Das wurde nun wohl auch erkannt und aufgenommen, aber das Ergebnis ist noch immer unbefriedigend.
Wir möchten daher betonen: Die 25-Prozent-Stelle ist eine Investition, die mehrfach in die Stadt zurückfließt – durch Projekte, Fördermittel und lebendige Jugendarbeit – und ermöglicht, dass Kinder und Jugendliche weiterhin im Mittelpunkt stehen. Darum beantragen wir die Beibehaltung der bisherigen Regelung. Weitere Gespräche um sich aufeinander zuzubewegen, sind natürlich immer willkommen.[v]
Esperanza
Die angekündigten Kürzungen beim Jugendkulturzentrum mögen auf den ersten Blick aus Sicht der Haushaltspolitik „fair“ wirken. Bei genauerem Hinsehen jedoch wird deutlich: Das Esperanza ist keine Einrichtung wie jede andere. Seit über 25 Jahren wird es ehrenamtlich von Jugendlichen und jungen Erwachsenen betrieben. Mit seinen Veranstaltungen ist es weit über den süddeutschen Raum hinaus bekannt, und zahlreiche, zum Teil namhafte Bands haben hier ihre ersten Gehversuche unternommen.
Die nun angedrohten Kürzungen würden die Jugendkulturinitiative kurz- bis mittelfristig ernsthaft gefährden. Denn es bliebe nicht allein bei den städtischen Einschnitten: Die Landeszuschüsse sind an die Höhe der städtischen Mittel gekoppelt. Das heißt, jede Kürzung durch die Stadt würde automatisch weitere finanzielle Einbußen nach sich ziehen. Gleichzeitig wird das Esperanza von sehr jungen Mitgliedern getragen, die nicht einfach ihr Taschengeld erhöhen können, um die Defizite auszugleichen. Auch eine Preiserhöhung, wie von der Stadt vorgesehen, ist weder kurzfristig realistisch noch in der geforderten Größenordnung umsetzbar.
Außerdem stellen wir uns auf den Standpunkt, dass eine Stadt in der Größenordnung von Schwäbisch Gmünd der Jugend solche Räume kostenfrei zur Verfügung stellen muss.
Vor diesem Hintergrund beantragen wir, dass die Stadt weiterhin die Nebenkosten trägt und dass die Kürzung auf maximal 10 Prozent begrenzt wird. Die Ehrenamtlichen haben immer wieder bewiesen, dass sie Renovierungsarbeiten selbst übernehmen können – zuletzt wurde das Dach des Hauses in Eigenregie neu gedeckt. Dies zeigt: Der Verein ist zusammen mit seinem Förderverein in der Lage, Verantwortung zu übernehmen und kreative Lösungen zu entwickeln.
Vielleicht könnte die Stadt ihn zusätzlich bei der Frage unterstützen, wie im Kulturbetrieb Energieverbrauch reduziert werden kann – sei es durch zusätzliche Isolierung oder durch eine Anpassung des Nutzerverhaltens. Denkbar wäre aber auch eine Unterstützung bei Verhandlungen mit dem Vermieter angesichts der Miete. Wir haben den aktuellen Vorstand so verstanden, dass er offen ist für Vorschläge. Das Esperanza ist ein kulturelles Kleinod unserer Stadt – eine Kürzung, die seine Existenz bedroht, wäre ein Verlust, den wir nicht hinnehmen dürfen. Daher beantragen wir eine maximale Reduzierung um 10% des Gesamtzuschusses wie bei allen anderen auch. Sollte es in möglichen Gesprächen zu Verbesserungen (Miethöhe, Einsparungen bei den Nebenkosten durch Energieeinsparungen, etc.) kommen, wäre dies natürlich begrüßenswert.[vi]
In der Sitzung ergänzt: Herr Wörner, mit ihrer heutigen Stellungnahme haben sie die Sachebene verlassen und die ehrenamtlich engagierten des Jugendkulturzentrums auf`s übelste und pauschal diffamiert. Das hat es in diesem Gremium in der Form noch nie gegeben, ist inakzeptabel und wir hätten uns eine Reaktion der Sitzungsleitung erwartet.
Kunstverein
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Hilferuf des Gmünder Kunstvereins ist unüberhörbar. Ein Verein, der seit 1890 unser kulturelles Leben prägt und seit 20 Jahren vom Kornhaus ausstrahlt – regional, national und international. Die geplanten Kürzungen und zusätzlichen Kosten von rund fast 10.000 Euro jährlich ab 2027 bringen diesen bedeutenden Kulturträger, der wie so viele Vereine von einem enormen ehrenamtlichen Engagement lebt und getragen wird, jedoch in existentielle Not.
Wir begrüßen das Moratorium und die Gesprächsbereitschaft vom 14. Oktober. Gleichzeitig müssen wir klar benennen: Kultur darf nicht totgespart werden. Und ebenso ist der Vorschlag der Verwaltung, den Kunstverein künftig gemeinsam mit der Galerie im Prediger und dem Museum unterzubringen, nicht zielführend. Jede dieser drei Einrichtungen hat über Jahre ein eigenes Profil entwickelt, trägt eine eigene Handschrift – und braucht dafür eigene Räume. Eine Zusammenlegung gefährdet die Vielfalt, die unsere Kulturlandschaft ausmacht.
Wenn wir erwarten, dass der Kunstverein seinen Beitrag leistet, dann müssen wir sicherstellen, dass dieser Beitrag überhaupt leistbar bleibt – ohne Verlust der künstlerischen Identität und ohne Aufgabe des Kornhauses. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass Kürzungen nicht zu Kündigungen führen: weder von Programmen noch von Orten. Kultur ist kein Luxus, den man streicht – sie ist Fundament unserer Stadt.“
Wir beantragen daher die Beibehaltung der bisherigen Regelung und keine Kürzungen über die 10 Prozent am Gesamtzuschuss hinaus.
Ferner halten wir weitere, konstruktive Gespräche für sinnvoll, die aber ergebnisoffen geführt werden sollten.[vii]
Begleitgrün
Unsere Stadtgärtnerei leistet einen tollen Job! Die Blumenbeete, die Bepflanzung der Kreisverkehre, die wechselnde Bepflanzung des Stadtgartens – all dies lässt die Stadt Jahr für Jahr toll erscheinen und findet viel Lob aus der Bevölkerung. Dennoch müssen wir in finanziell schwierigen Zeiten einen Haushalt aufstellen. Wir haben einige Vorschläge gemacht, wo wir entgegen dem Verwaltungsvorschlag Ausgaben beibehalten wollen; nun möchten wir einen machen, bei dem wir eine zeitliche Aussetzung beantragen.
Konkret schlagen wir vor, auf die dekorative Bepflanzung der Kreisverkehre bis zum Doppelhaushalt 2028/29 komplett zu verzichten und auch bei den Blumenbeeten und den Blumenkübeln weitere Einsparungen vorzunehmen – mit dem Ziel, zusätzlich 100.000 Euro einzusparen. Wir können uns auch vorstellen zu überlegen, ob man für die Beibehaltung der Begrünungen Patenschaften anbietet, um eine alternative Quelle zu erschließen.[viii]
Nicht haushaltswirksame Anträge:
Stadtwerke
Die Gmünder Stadtwerke stehen derzeit nicht in einem guten Licht. Dennoch sind sie ein wichtiger und unverzichtbarer Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Wir verstehen den Frust der Kund*innen nur zu gut, und nun muss alles getan werden, um Vertrauen in die Stadtwerke zurückzugewinnen. Dafür braucht es eine andere Kommunikation als in der Vergangenheit: Offenheit, Transparenz und Verlässlichkeit müssen das neue Credo sein. Das beginnt bereits beim Empfang der Kund*innen und setzt sich in ihrer Betreuung fort.
Unabhängig davon steht die gesamte Energiewirtschaft vor einem enormen Wandel. Klimaneutralität ist die zentrale Herausforderung, und gleichzeitig müssen bestehende Geschäftsfelder neu geordnet werden. Das können die Stadtwerke nicht allein bewältigen – um Klimaneutralität zu erreichen, braucht es entsprechende Förderungen. Gleichzeitig benötigen wir innerhalb der Stadtwerke eine klare Vision für die Zukunft – ein gemeinsames Zukunftskonzept. Dieses gilt es, neben den Herausforderungen der ausstehenden Abrechnungen und der Sicherung der Liquidität, in den kommenden Monaten parallel voranzubringen.
Feuerwehr
Wir begrüßen die bereitgestellten Mittel für die Innenstadt. Nun muss endlich eine Lösung gefunden werden, die der Feuerwehr eine klare räumliche Perspektive bietet. Sobald sich eine passende Option abzeichnet und Klarheit darüber besteht, wo die Innenstadtfeuerwehr künftig untergebracht werden kann, sollte unverzüglich mit der konkreten Planung begonnen werden.
Parallel dazu halten wir es für notwendig, den bestehenden Feuerwehrbedarfsplan fortzuschreiben – insbesondere unter Berücksichtigung des Bereichs Katastrophenschutz, der bislang von Max Schamberger betreut wurde. Für die neue Feuerwehrwache in der Innenstadt und ihre Vernetzung mit den Stadtteilen sollte der Bedarfsplan zudem umfassend auf die zukünftigen Anforderungen überprüft und angepasst werden.[ix]
Reinigung städtischer Liegenschaften
Ich möchte an dieser Stelle nicht auf die von Ihnen, Herr Oberbürgermeister, ausgelöste Debatte über die Schulreinigung im Detail eingehen. Nur so viel: Die Aufregung war aus unserer Sicht unnötig – wir haben das beschriebene Vorgehen an vielen Schulen bereits seit Jahren praktiziert.
Einen Aspekt möchte ich jedoch hervorheben, weil er unmittelbar mit der Schulsozialarbeit zusammenhängt: In einem der Fernsehberichte kam der Schulleiter des Scheffold-Gymnasiums zu Wort. Er betonte, dass die neue Regelung an den Schulen umgesetzt werde – unter der klaren Maßgabe, die Schulsozialarbeit im gleichen Umfang zu erhalten. Dies ist mit der Absicht, drei Stellen zu streichen, bekanntermaßen nicht der Fall.
Was die faktische Aufkündigung des bisherigen Kompromisses zwischen Reinigung in städtischer Hand und Fremdvergabe angeht, können wir jedoch nicht mitgehen. Hier soll an Personal gespart werden, das ohnehin zu den niedrigsten Entgeltgruppen gehört. Das halten wir weder für angemessen noch für fair – und es wird der herausfordernden Arbeit der Reinigungskräfte nicht gerecht.
Erlauben Sie mir den Hinweis auf die Vorlage von Herrn Langer aus dem Jahr 2017. Der zentrale Satz lautete: „Es wird vermutet, dass die Leistungswerte, die der Wettbewerb anbietet, kaum ein Arbeitsleben lang zu schaffen sind.“ Dieser und viele weitere Hinweise haben uns damals bei der Kompromissfindung geleitet. Dass dieser Kompromiss nun faktisch aufgekündigt werden soll, lehnen wir ab.
Wir beantragen daher:
- dass die Verwaltung ein Instrument einrichtet, mit dem in kurzen Abständen die Einhaltung der tariflichen Bestimmungen überprüft wird, und die Ergebnisse dem Verwaltungsausschuss regelmäßig berichtet werden;
- und dass die Flächenvorgaben auf ihre tatsächliche Machbarkeit überprüft werden.[x]
Kinderarmut
Kinderarmut zeigt sich nicht nur in großen Statistiken, sondern im ganz konkreten Alltag vieler Familien in Schwäbisch Gmünd. Darauf wollten einmal mehr die „Mach dich stark-Tage gegen Kinderarmut“ in der vergangenen Woche hinweisen. Nach unseren Informationen ist ein Beispiel, welches in dem Zusammenhang noch nicht ideal läuft, das Bestellsystem Mensa-Max. An den meisten Gmünder Schulen müssen Mittagessen zwei bis drei Wochen im Voraus bestellt werden – und zwar nur, wenn das Mensakonto bereits gedeckt ist.
Für Familien, die Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket beziehen, entsteht dadurch eine strukturelle Lücke: Das Essen wird erst nach Bewilligung des Antrags übernommen, doch in den zwei bis drei Wochen Vorlauf kann das Kind trotzdem nicht bestellen, weil zuvor kein Guthaben vorhanden ist. Das führt dazu, dass Kinder trotz Anspruchs real vom Mittagessen ausgeschlossen werden.
Da sind wir uns sicherlich einig, dass das nicht sein sollte.
Wir fragen deshalb die Verwaltung: Welchen Spielraum sehen Sie, um diese Versorgungslücke zu schließen und sicherzustellen, dass kein Kind aufgrund bürokratischer Abläufe ohne warme Mahlzeit bleiben muss? Außerdem beantragen wir, einen Kinderarmutsbericht zu erstellen, der die Entwicklung der vergangenen 10 Jahre bis heute im Blick hat.[xi]
Wohngeld
Dieser Blick auf soziale Realität verbindet sich direkt mit einem weiteren Bereich, der für viele Haushalte existenziell ist: das Wohngeld. Die Bearbeitungszeiten haben sich – dank Stellenaufstockungen – zwar verkürzt, können für Menschen in finanziell prekären Situationen aber weiterhin zu lang sein. Die geplante Stelleneinsparung tragen wir als Fraktion mit, gleichzeitig beantragen wir jedoch:
- einen Bericht über die Entwicklung der Bearbeitungszeiten von Wohngeldanträgen, um Transparenz zu schaffen und Problemlagen früh zu erkennen,
- eine zeitnahe Information des Gemeinderats über Veränderungen im Personalbereich – etwa bei Fluktuation, Ausfällen oder Unterbesetzung –, damit notwendige Entscheidungen schnell und faktenbasiert getroffen werden können.[xii]
Klimathematik
Kommen wir zur Klimathematik. Die Klimakrise ist die soziale Frage unseres Jahrhunderts. Der Klimawandel entwickelt sich dabei noch schneller und schlimmer als gedacht. UN-Generalsekretär Guterres forderte jüngst wieder einen drastischen Kurswechsel, um die Klimakatastrophe wenigstens abzufedern.
Was heißt dies für unsere Stadt? Gestatten Sie zunächst ein Zitat von jemanden, den Sie gut kennen, Herr Oberbürgermeister (es ist nicht Boris Palmer): „Eine maßgebliche Determinante der nächsten Jahre ist unbestritten das Bewusstsein für den globalen Klimaschutz und die Ökologie. Klimaschutz und die davon abgeleiteten und damit in Verbindung stehenden Handlungsziele sind die große Herausforderung [unseres] Jahrzehnts“ (2021). – das waren Ihre Worte, Herr Oberbürgermeister, in der Haushaltsrede 2021. Was ist daraus geworden? Sie nennen in Ihrer jetzigen Haushaltsrede fünf Schwerpunkte für die kommenden Jahre – doch Klimaschutz und Klimaanpassung sind nicht mehr dabei.
Noch ein Zitat, aus Ihrer Rede zum letzten Haushalt, auch da standen wir bereits unter dem Eindruck der Krisen, die uns heute bedrängen: „Ziel in Schwäbisch Gmünd ist und bleibt die Klimaneutralität bis 2035. Das heißt, Wärme und Mobilität sind die Bereiche, in denen wir als Kommune den größten Beitrag zur CO2-Einsparung leisten müssen“ (2023).
Was bleibt von diesen Worten, Herr Oberbürgermeister? Klimaneutralität 2035? Wenigstens einmal ein klimaneutrales Wohngebiet, wie zugesagt?
Was bleibt von Ihren früheren Ankündigungen bezüglich der Mobilitätswende? Noch ein Zitat von Ihnen (wir müssen Sie für unsere Forderungen ja nur zitieren): „Oberstes Ziel unseres Mobilitätskonzeptes ist es, den motorisierten Individualverkehr (insbesondere in der Innenstadt) zugunsten des Umweltverbundes zu reduzieren“ (2020). Und weiter: „Das größte Potential zur Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs liegt […] beim Radverkehr“ (2020). Auch der Radverkehr werde in den nächsten Jahren eine wesentliche Stärkung erfahren, versprachen sie 2022: „Der Ausbau der Hauptrouten im Rahmen des Radwegezielplans von Ost nach West und von Süd nach Nord inklusive Beschilderung und Fahrbahnmarkierung ist im kommenden Doppelhaushalt budgetiert“ (2022). Die Verwaltung habe das Stadtgebiet ständig im Blick, um Verbesserungspotentiale zu prüfen, sagten Sie zu. „Neben regelmäßiger Beteiligung mit den Fraktionen in der interfraktionellen Radgruppe, sowie des ADFC und des AK Mobilität und Verkehr bedeutet dies den engen Austausch der betroffenen Fachabteilungen und –ämter im Haus“ (2023). Gilt das noch?
In Klima-, Umwelt-, Energie- und Mobilitätsfragen müssen Ihren Worten endlich entsprechende Taten folgen, Herr Oberbürgermeister.
Vor dem Hintergrund all Ihrer Ankündigungen der vergangenen Jahre beantragen wir:
- einen Bericht über den Stand der Umsetzung des Programms „Grüne Urbanität“ und über das weitere Vorgehen;
- einen Bericht über bereits umgesetzte und noch ausstehende Maßnahmen aus dem beschlossenen Klimaschutzkonzept „Die gut fürs Klima Stadt“ (dieses Konzept sollte, mit Ihren Worten, „den Grundstein für unsere weiteren Klimaschutzbemühungen“ in den folgenden Jahren legen); sowie
- einen Bericht zum Stand des European Energy Award[xiii]
Mobilität
„Dass sich in Schwäbisch Gmünd eine Bürgerinitiative für die Fahrradstraße gegründet hat, scheint auf den ersten Blick geradezu aus der Zeit gefallen. Die Zeichen stehen allgemein auf Förderung des Radverkehrs. Die Landesregierung unterstützt Projekte fürs Rad mit bis zu 90 Prozent. Da sollte doch auch in der mittelalterlich geprägten Stadt im Ostalbkreis kein Streit ums Rad aufkommen – sollte man denken. Und doch ist es so weit gekommen.“
Dieses Zitat aus dem SWR-Bericht bringt es auf den Punkt!
Es verdeutlicht die ganze Absurdität der Situation: Während überall im Land Radverkehr gefördert wird und Kommunen sich über bis zu 90 % Zuschuss freuen, ringen wir hier in Gmünd um Projekte, die längst beschlossen waren – und für die bereits erhebliche Kosten entstanden sind.
Allein für die Buchstraße rund 150.000 Euro Planungskosten, und zusammen mit der Planung der Fahrradstraße über 200.000 Euro, die Stand heute nicht in die Umsetzung gehen!
Und dann wird von einigen Seiten von „Geldverschwendung“ beim Bürgerentscheid gesprochen?
Meine Damen und Herren: Das ist schlicht Unfug.
Denn wir sollten uns erinnern: Der gesamte Gemeinderat wollte genau diese Projekte. Und auch Sie selbst, Herr Oberbürgermeister, wie die oben aufgeführten Zitate belegen. Der Radwegezielplan war ein gemeinsamer Auftrag dieses Gremiums. Die Bürgerinnen und Bürger, die sich im Bürgerentscheid engagiert haben, haben nichts anderes getan, als das zur Abstimmung zu bringen, was wir als Gemeinderat auf den Weg gebracht haben. Wer ihnen nun Verschwendung vorwirft, verkennt nicht nur den Sachverhalt – er delegitimiert bürgerschaftliches Engagement.
Und ich frage mich angesichts der Verweigerungshaltung mancher Fraktionen, die Herausforderungen der Zukunft wirklich proaktiv anzugehen: Wie sollen denn ihre angeblich „pragmatischen“ und „kostengünstigen“ Lösungen aussehen – ohne die massiven Förderungen von Land und Bund? Bis heute jedenfalls haben wir darauf keine Antwort gehört.
Wir als söl-Fraktion stehen hingegen weiter für eine vorausschauende Mobilitätspolitik, die Fördermittel nutzt, Planung ernst nimmt und Bürgerengagement respektiert. Nur so kommt Gmünd voran. Andere Städte zeigen, wie es geht. Allein die Stadt Karlsruhe hat seit 2005 durch einen konsequenten Ausbau der Radinfrastruktur den Radanteil von ursprünglich 16 auf nun über 30 Prozent erhöht. Wir schaffen nach vielen Jahren der Diskussion und ausgelösten Kosten nicht einmal den Einstieg…das ist nicht nur peinlich, das ist Realitätsverweigerung.
Wenn Gmünd weiterkommen will, braucht es Mut – und nicht das ständige Bremsen aus Angst vor der Zukunft.
Wir beantragen daher einen Bericht, wie es mit dem Radwegezielplan weitergeht und welche Verbesserungen für den Radverkehr in den kommenden zwei Jahren angedacht sind.[xiv]
Demokratiedefizit
Hinter uns liegt ein langer und intensiver Prozess zur geplanten Fahrradstraße. Die Bürgerschaft wurde umfassend in die Meinungsbildung einbezogen und hat zahlreiche eigene Vorschläge eingebracht. Der Kreuzungsbereich Gutenbergstraße / Klarenbergstraße wurde dabei übereinstimmend als Problemzone benannt – alle Fraktionen haben dies bestätigt. Und nun soll ausgerechnet dieser kleinste gemeinsame Nenner nicht umgesetzt werden? Das ist eine Farce!
Gerade dieses Beispiel zeigt, dass die erweiterte Innenstadt keine fest gewählten Vertreter*innen hat. Mit einem eigenen Stadtteilgremium wäre ein solches Vorgehen kaum denkbar gewesen.
Daher beantragt unsere Fraktion erneut die Einrichtung eines Innenstadtgremiums bis zur nächsten Kommunalwahl – nach dem Vorbild der Ortsteile. Zudem beantragen wir, die Planungen für den Kreuzungsbereich fortzuführen, mit dem Ziel, unter Berücksichtigung möglicher Fördermittel eine Umsetzung im Jahr 2027 aus den Einnahmen der Verpackungssteuer zu ermöglichen.[xv]
Vermietung Stadtgarten
Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, hat auf der jüngsten EKD-Jahrestagung klarer denn je Stellung bezogen – und sich unmissverständlich von der AfD distanziert. Sie machte deutlich, dass wir es mit einer Partei zu tun haben, „die die Würde bestimmter Menschengruppen längst für antastbar erklärt und sich damit außerhalb der Grundlagen unseres Grundgesetzes stellt“. Unterstützung für die AfD dürfe es nicht geben, betonte Fehrs anschließend vor der Presse. „Im Gegenteil: Diese Partei braucht Widerstand – und zwar deutlichen.“
Auch der katholische Sozialverband Kolping hat auf seiner Bundesversammlung klare Konsequenzen gezogen: Mitglieder sollen ausgeschlossen werden können, wenn sie „in Wort und Tat“ zeigen, dass sie an entsprechenden Ideologien festhalten. Ein unmissverständliches Signal.
Welche Lehren ziehen wir daraus als Stadt? Unsere Fraktion steht entschlossen hinter der Forderung aus der Bürgerschaft, alle Möglichkeiten zu prüfen, die Nutzung des Stadtgartens dann zu untersagen, wenn davon ausgegangen werden kann, dass bei Veranstaltungen antisemitische, rassistische, frauenverachtende Inhalte oder andere Ideologien gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit Verbreitung finden.[xvi]
In unserem Antrag fordern wir die Verwaltung auf, eine rechtssichere Formulierung zu erarbeiten und dem Gemeinderat eine entsprechende Satzungsänderung vorzulegen. Wir müssen handeln – nicht wegsehen.
Zum Abschluss meiner Rede möchte ich an die Worte der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer erinnern. Worte, die uns mahnen – und zugleich verpflichten:
„Was war, können wir nicht mehr ändern. Aber es darf nie wieder geschehen.“
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
[i] HHW Schulsozialarbeit
[ii] HHW Sozialberatung Fenster- und Heizkörpererneuerungen
[iii] HHW Einführung Verpackungssteuer
[iv] HHW Parkgebühren
[v] HHW Stadtjugendring Hauptamtlichkeit
[vi] HHW Esperanza
[vii] HHW Kunstverein
[viii] HHW Einsparungen Begleitgrün
[ix] NHW Fortschreibung Feuerwehrbedarfsplan
[x] NHW Reinigung auslagern
[xi] NHW Kinderarmut – Mensaessen
[xii] NHW Bericht Wohngeld
[xiii] NHW Berichte „Klimathematik“
[xiv] NHW Bericht Radwegezielplan
[xv] NHW Innenstadtgremium
[xvi] NHW Satzung Stadtgarten
Weitere Anträge die nicht im Text erwähnt werden:
Beratungsangebot für Balkonkraftwerke seitens der Stadt aufbauen.
Bürger*innen Anfragen im öffentlichen Teil der Gemeinderatssitzungen.
Bericht Angebote für junge Frauen in der Innenstadt und Behandlung im Sozialausschuss.
