Der streitbare Katholik, der in Gmünd linke Politik macht
Nach 21 Jahren als Leiter des Instituts für Theologie an der Gmünder PH geht Professor Dr. Andreas Benk in Ruhestand. Wieso er nicht länger arbeiten wollte – und warum er linke Politik für einen Christen das einzig richtige findet.
Schwäbisch Gmünd. Professor Andreas Benk ist Theologe und ein politischer Mensch; das Thema seiner Abschiedsvorlesung ist darum konsequent: „Christlicher Glaube und Politik. Zehn Thesen“. Nach der Vorlesung am Donnerstag in dieser Woche wird Benk noch gut zwei Monate arbeiten, dann geht der Theologieprofessor in Ruhestand. Seit 2022 hatte Benk das Ökumenische Institut für Theologie und Religionspädagogik an der Gmünder Pädagogischen Hochschule geleitet.
Andreas Benk geht zum regulären Datum in Ruhestand, und das findet er richtig so: „Es ist sicher sinnvoll, nach 21 Jahren den Platz freizumachen für Jüngere.“ Theologe wird und will er weiter sein, gerne auch an einem neuen Buch schreiben. „Aber ich bin jetzt völlig frei von bürokratischer Arbeit.“
Parteieintritt im Dezember
Auch Politik wird weiter zu Benks Leben gehören; 2019 wurde er zum ersten Mal in den Gemeinderat gewählt, als Stadtrat für die Fraktion „Die Linke“, die sich 2023 in „sozial.ökologisch.links.“ (söl) umbenannt hatte. Im Dezember 2023 ist Andreas Benk wieder Mitglied der Partei „Die Linke“ geworden – weil die Gruppe um Sahra Wagenknecht die Partei verlassen hat. „Nachdem sich der national-populistische Teil gelöst hat“, habe er sich wieder mit der Partei identifizieren können, so Benk.
Will Benk in der neuen Wahlperiode ab 2024 weiter gerne Stadtrat sein? Nicht zwingend, heißt Benks Antwort. „Ich unterstütze die Fraktion, wäre aber dankbar, wenn ich weiter hinten platziert werde in der Liste.“ Er wolle gern Jüngeren und Frauen den Vortritt lassen. Ein Engagement auf anderer Ebene, etwa in der Landespolitik, schließt Benk aus. „Wer global verantwortungsvoll handeln will, kann auf kommunaler Ebene viel tun.“
„Neutralität ist Verrat“
Wieso Benk als Katholik bei der Linken ist und nicht etwa bei der CDU? Katholischer Theologie-Professor und Linken-Politiker – das passt für ihn zusammen. „Wenn ich eine Partei wählen will, die am ehesten der christlichen Soziallehre entspricht, dann ist das die Linke.“ Gemeinwohlorientierung, die Wahrung der Menschenrechte, das ergebe sich aus der christlichen Sozialethik, argumentiert Benk. „Für mich bedeutet Christ sein den Versuch, unter den Bedingungen der Gegenwart Jesus nachzufolgen.“ Sich zu engagieren ist für Benk eine zwangsläufige Konsequenz, er zitiert Bischof Helder Camara, den brasilianischen Befreiungstheologen: „Neutralität ist Verrat.“ Ihm sei klar, dass er als Professor viele Privilegien habe, sagt Andreas Benk. „Ich finde: Privilegien verpflichten.“
„Die Kirche muss mich aushalten“
Auszutreten aus der Katholischen Kirche, an der Benk immer wieder Kritik geäußert und Reformbedarf angemahnt hat, ist für den Theologen keine Option. „Die Kirche muss mich schon aushalten.“ Ein kritisches Werk war etwa sein letztes Buch „Christentum, Antisemitismus und Schoah. Warum der christliche Glaube sich ändern muss“, in dem Benk eine jahrhundertealte Geschichte der Judenfeindlichkeit in der Katholischen Kirche aufzeigt.
Abschiedsvorlesung ist öffentlich
„Christlicher Glaube und Politik. Zehn Thesen“ ist das Thema der Abschiedsveranstaltung von Prof. Dr. Andreas Benk – am Donnerstag, 18. Januar, um 18 Uhr im Hörsaal 1 der Pädagogischen Hochschule in Bettringen. Die Vorlesung ist öffentlich. „Ich freue mich über jeden Zuhörer“, sagt Benk.
Copyright Gmünder Tagespost, 17.01.2024