Kritik an der Stadt: Zu hoher Flächenverbrauch
Aus der heutigen Rems Zeitung: Proteste: Am heutigen Montag fährt auch aus dem Ostalbkreis ein mit Landwirten vollbesetzter Bus zur Bauerndemo nach Berlin. Danach ist eine Woche lang „Verschnaufpause“. Schon im Vorfeld bemängelte der Bauernverband, dass in Schwäbisch Gmünd bei der Erschließung von neuen Wohn- oder Gewerbegebieten die Abwägung in der Regel zu ungunsten der landwirtschaftlichen Produktionsflächen erfolge.
SCHWÄBISCH GMÜND. Die Proteste der Bauern gehen weiter. Die regionalen Bauernverbände haben dazu sternförmig Busfahrten organisiert, um zahlreich bei einer Großdemo gegenüber der Bundesregierung ihren Sorgen und Forderungen Nachdruck zu verleihen. Der Bus, der von der Ostalb aus in die Bundeshauptstadt fährt, ist voll, teilte Bauernsprecher Michael Weber aus Waldstetten der RZ auf Nachfrage mit. „Danach sollen Verhandlungen stattfinden“, erklärte er. Die Protestaktionen legen während dessen eine Verschnaufpause ein. Je nachdem, was die Verhandlungen der Bauernvertreter mit der „großen Politik“ ergeben, entscheide sich, ob der Protest dann nächste Woche weitergehe. Unabhängig von bundesweiten Aktionen aufgrund der Einkommenssituation der deutschen Bauern drückt diesen Berufsstand auch vor Ort vielfach der
Schuh. Um Kommunalpolitiker für diese Themen zu sensibilisieren, lud der örtliche
Bauernverband die Fraktionen des Gmünder Gemeinderats zum Gespräch ein. Der
große Saal in der „Krone“ in Zimmern war voll, vier von sieben Fraktionen waren präsent: CDU, Grüne, SPD und SÖL. Nachdem der Vorsitzende des Bauernverbandes in der Region Ostwürttemberg, Hubert Kucher, kurz noch einmal jene Gründe erläutert hatte, warum derzeit die
Bauern auf die Straße gehen, richtete Michael Weber den Fokus auf die Missstände, die quasi vor der Tür von Haus und Hof zu bemängeln seien. Dazu gehöre, dass die Freizeitnutzung der Feldwege ab und zu mit der Bewirtschaftung der Wiesen und Äcker kollidiert. Die Bauern, so Weber, wünschen sich da mehr Verständnis. Bernhard Feifel – nicht nur Ortsvorsteher von Weiler, sondern auch Vorsitzender der Forstbetriebsgemeinschaft – ging auf die Belange der Waldwirtschaft ein. Er warnte vor einer „schleichenden Enteignung“, indem den privaten Waldbesitzern durch Auflagen Steine bei der Nutzung in den Weg gelegt werden. Er habe den Eindruck, dass sich manche Politiker einen naturbelassenen Urwald wünschen.
Das große Thema in der Diskussion der etwa 50 Landwirte mit den Stadträten Christian Krieg, Gabriel Baum, Tim-Luka Schwab und Prof. Dr. Andreas Benk war der Flächenverbrauch. Die Landwirtschaft, so wurde betont, fühle sich von kommunalen Gremien nicht ausreichend wahrgenommen. Was dazu führe, dass bei der Erschließung von Wohn- oder Gewerbegebieten
die Abwägung in der Regel keine Rücksicht auf Produktionsflächen nehme, die örtliche Bauern aber für den Betrieb ihrer Höfe dringend brauchen. Massive Kritik betraf das geplante Gebiet Aspen. Wenn es um Erschließungen gehe, dann spiele es häufig keine Rolle, ob sich auf der
betroffenen Fläche schützenswerte Natur befinde. „Wenn auf unseren Flächen eine Hecke unter Natur- oder Landschaftsschutz steht, dann dürfen wir die ja auch nicht einfach abholzen!“ brachte es Anton Maier aus Beiswang auf den Punkt, der (unisono mit anderen) auf die Entwässerungsproblematik von Flächenversiegelungen in der Größenordnung wie auf dem
Gügling oder im Gebiet Aspen aufmerksam machte. Karin Hirner aus Waldstetten verwies auf das Beispiel „Krähe“, wo sich der Wunsch nach einer blühenden Nutzung als Technologiepark ja auch nicht erfüllt habe. So etwas dürfe sich nicht mit Aspen wiederholen, wo weit und breit kein Investor
in Sicht sei, der sich dort mit zukunftsweisender Technologie ansiedeln wolle.
Mit Ausnahme von Prof. Benk, der konsequent im Gemeinderat den Flächenverbrauch angeprangert und sein Abstimmungsverhalten entsprechend ausgerichtet hatte, mussten sich alle anderen anwesenden Stadträte vorhalten lassen, dass der Flächenverbrauch der Stadt Gmünd zu
hoch sei. Unisono räumten alle auch ein, dass man in der Vergangenheit in den Beratungen fast nie über die Landwirtschaft gesprochen habe und dies ein Fehler gewesen sei, den man korrigieren müsse. Es herrschte darüber hinaus Konsens, dass der Flächenverbrauch nicht so ungezügelt
weiter gehen dürfe. Ganz ohne Erschließung von Bauland werde es zwar nicht gehen, aber hinsichtlich von Wohnraum müsse man eher in die Höhe bauen und dafür sorgen, dass vorhandene Immobilien nicht weitgehend leer stehen.
Copyright Rems Zeitung, 15.01.2024