Deutschlandtempo? Schneckentempo!
Diese Woche im Blick: die Hängepartie in der Klarenbergstraße.
Klingt gut, der Satz: „Deutschlandtempo brauchen wir überall.“ O-Ton Bundeskanzler Olaf Scholz. Die Realität – ernüchternd. Wie in der Klarenbergstraße. Bald drei Jahre alt ist der Plan, diese zu Gmünds erster Fahrradstraße zu machen. Passiert ist seitdem nichts, in der Realität zumindest – nur auf Papier. Deutschlandtempo? Die Bremsklötze sind zahlreich: das Regierungspräsidium, das der Stadt wohl erst positive Signale für die vorgelegte Planung gab, nach einem Erkenntnisprozess Monate später aber sagte: Geht so nicht, es müssen Parkplätze wegfallen.
Gefehlt hat’s an Planungskapazität: Beim Planen der Radstraße kam die Stadt irgendwann zur Erkenntnis: Wir schaffen’s personell nicht. Ein externes Büro wurde eingeschaltet. Nur Personalknappheit? Wie man knappe Mittel und Personal verteilt, liegt am politischen Willen. Die Fahrradstraße hatte offenbar nicht Priorität.Dazu der Versuch, niemandem wehzutun, etwa Anwohnern, die ihre Autos an der Straße parken. In der Landschaft kann man für einen neuen Radweg einfach Bäume fällen und eine Böschung abgraben. In der Stadt muss man irgendwo, irgendjemand etwas wegnehmen. Die Erkenntnis ist nicht überraschend neu im engen Stadtraum Gmünds. Das Versprechen der Verwaltung, dass keine Parkplätze wegfallen, hat sich als blauäugig erwiesen. Wie das Dilemma lösen? Mit Mut, sagen Gmünder Rad-Aktivisten. Aus deren Sicht: Parkplätze streichen, Radstraße bauen. Aus mancher Anwohner Sicht: Die jetzige Verteilung des Straßenraums passt und muss bleiben. In der Demokratie ist beides legitim. Ob so oder so: Seid mutig, entscheidet endlich.
Copyright Gmünder Tagespost, 21.10.2023