Gmünd tritt „Städteinitiative Tempo 30“ bei
Stadt will mehr Mitsprache bei Tempogestaltung. Verwaltung soll Gesamtverkehrskonzept erstellen.
Schwäbisch Gmünd. Die Stadt Gmünd tritt der „Städteinitiative Tempo 30“ bei. Dies bedeutet, dass Gmünd, wie aktuell 77 andere deutsche Städte, mehr Handlungsspielraum bei der Geschwindigkeitsgestaltung in der eigenen Stadt fordert. Dies beschloss die Mehrheit der Stadträte am Mittwoch. Die Stadträte sprachen sich zudem dafür aus, dass Gmünd sich nicht als Modellkommune für Tempo 30 beim Bundesverkehrsministerium bewirbt. Stattdessen soll die Stadtverwaltung Pläne entwickeln, Temporegelungen in der Innenstadt zu verbessern.
Diese Vorlage der Verwaltung ging einher mit einem Antrag der Fraktionen SPD, Bündnis 90 / Die Grünen, Die Linke, Freie Wähler Frauen und Bürgerliste. Auch sie hatten den Beitritt zur „Städteinitiative Tempo 30“ befürwortet. Zudem wollten sie zunächst, dass Gmünd sich als Modellstadt für Tempo 30 bewirbt. Grünen-Fraktionschef Gabriel Baum erläuterte den Antrag der Fraktionen. Ihnen geht es darum, den Verkehr in Innenstädten effizienter und klimaschonender zu machen.
Die Verwaltung sei in jedem Fall dafür, den Kommunen vor Ort mehr Gestaltungsspielraum bei der Ausweisung von Tempo 30 zu geben, sagte dazu Bürgermeister Christian Baron. Allerdings: Der im Antrag enthaltene Begriff „innerörtlich“ umfasse das Stadtgebiet vom Ortseingang Ost bis zum Ortseingang West. Die Verwaltung glaube nicht, dass für diesen gesamten Bereich Tempo 30 erforderlich sei. Die Verwaltung sehe Tempo 30 vor allem in der historischen Altstadt, sagte Baron. Die Verwaltung sieht künftig drei Achsen durch Gmünd. Sie hofft, dass die erste, der Tunnel, von den meisten Fahrern benutzt werde. Die zweite sei die Remsstraße mit Tempo 50, die dritte Goethestraße, Klösterlestraße und Königsturmstraße mit Tempo 40. Der „Kompromissvorschlag“ der Stadt beinhaltet die Altstadt und das Gebiet westlich der Altstadt bis zur Rektor-Klaus-Straße. Er sei dankbar gewesen für den Antrag der Fraktionen, sagte Oberbürgermeister Richard Arnold. Denn dieser habe Überlegungen der Verwaltung beschleunigt. Arnold sah den Antrag auch als Weg, den Schilderwald in Gmünd abzubauen.
Ihm sei der Inhalt des Antrags zu „eindimensional“, sagte Martin Bläse (CDU). Beispielsweise fehlten ihm Klima- und Lärmschutzkonzept. Die Meinungen zum Nutzen von Tempo 30 gingen auseinander. Gmünd solle nicht an Symptomen rumdoktern, die Stadt brauche ein Gesamtverkehrskonzept für Autos, Räder und ÖPNV. Die Verwaltung müsse hier einen größeren Schritt gehen, sagte Bläse.
Der Antrag der Verwaltung könne nur ein „erster Aufschlag“ sein, sagte auch Karl Miller (B 90 / Die Grünen). Hatte Bläse auf den ADAC verwiesen, der keinen Nutzen von Tempo 30 sieht, verwies Miller auf eine gegenteilige Analyse, nach der die Qualität des Verkehrsflusses steige. Tempo 40 bringe für Lärmverringerung nichts. Damit lasse die Stadt 13 500 vom Lärm betroffene Bürger „im Regen stehen“. Christian Baron widersprach Miller. Die Darstellung, dass Tempo 40 nichts bringe, sei zu einfach, sagte der Bürgermeister.
Die SPD sei mit dem Vorschlag der Verwaltung einverstanden, sagte Tim-Luka Schwab (SPD). Doch auch für die SPD sei dies nur ein erster Schritt. Folgen solle ein Gesamtkonzept, an dem die Fraktionen beteiligt werden sollten.
Die Linke-Fraktion begrüße, dass die Stadt den Vorschlag der Fraktionen aufgenommen habe, sagte Sebastian Fritz (Die Linke). Dass die Stadt die Modellstadt nicht wolle, sei nachvollziehbar. Konflikte unter verschiedenen Verkehrsteilnehmern zu lösen, sei Ziel, sagte Fritz. Er zitierte das Bundesumweltamt, nach dem der Lärm durch Tempo 30 weniger werde und der Verkehr flüssiger. Zudem mache Tempo 30 den Verkehr sicherer.
Karin Rauscher (FWF)befürwortete mehr Handlungsspielraum für die Kommunen. Es sei unklar, was aus der Initiative der 77 Städte werde, sagte Ullrich Dombrowski (BL). Deshalb verstehe er nicht, weshalb man bereits jetzt über die Umsetzung rede. Bürgerliste und FWF sprachen sich nicht für Gmünd als Modellstadt aus. Die FDP/FW-Stadträte hatten sich dem Antrag der Fraktionen nicht angeschlossen, weil Tempo 30 allein den Blick verenge, sagte Dr. Peter Vatheuer.
- Die „Städteinitiative Tempo 30“
- Etwa 70 deutsche Großstädte, darunter Freiburg, Ulm und Stuttgart verlangen eine Änderung der Straßenverkehrsordnung, um in einem Pilotprojekt großflächig Tempo 30 zu testen. Nur auf den wenigen Hauptverkehrsstraßen soll dann noch die übliche Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometer zulässig sein.
Die Initiative wird vom Deutschen Städtetag unterstützt. Die an dem Vorstoß für das Pilotprojekt teilnehmenden Kommunen betonen, dass sie ohne eine neue gesetzliche Vorgabe nicht entscheiden könnten, die Geschwindigkeitsvorgaben flexibel und ortsbezogen zu ändern. Es handele sich nicht um eine Initiative gegen Autofahrer. Es sei vielmehr ein Projekt für die Bewohner der Kommunen
Copyright Gmünder Tagespost, 10.02.2021 Michael Länge