Stellungnahme zur Fortschreibung des Flächennutzungsplans von Prof. Dr. Andreas Benk
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
ein kurzer Rückblick: Der erste Vorentwurf zum FNP 2035 (Mai 2021) umfasste 262 ha
Flächen – entworfen freilich noch ohne Abgleich (insbes. mit dem Regionalplan), ob
diese Flächen überhaupt möglich sind. Der Vorschlag der Verwaltung beanspruchte
noch 166 ha, nach Beratungen in den Ortschaftsräten wurden daraus 186 ha und jetzt
nach frühzeitiger Beteiligung sind es 191 ha Fläche für Wohnen und Gewerbe geworden (d.h. es wurden ca. 15 ha herausgenommen, aber rund 21 ha neu eingestellt).
Schon beim Vorentwurf hatten wir darauf verwiesen, dass der geplante Flächenverbrauch in krassen Widerspruch steht zu der Koalitionsvereinbarung von GRÜNEN und
CDU, wonach Gmünd maximal 43 ha in Anspruch nehmen dürfte. 191 ha sind mehr als
das Vierfache! Das ist auch keine Reduktion im Hinblick auf den Flächenverbrauch der
vergangenen Jahre. Unsere Stadt leistet so keinen Beitrag zum erklärten Ziel der Landesregierung, Flächen radikal zu sparen und von 2035 an keine zusätzliche Fläche mehr
in Anspruch zu nehmen.
Im jetzt vorgelegten Entwurf können wir darum auch keinen Kompromiss erkennen. In
den vergangenen drei Jahren standen Sie im Austausch mit den Ortschaftsräten, dem
Landratsamt, dem Regionalverband und dem Regierungspräsidium. Aber es gab keinen
entsprechenden Austausch mit den Gemeinderatsfraktionen, die dem Vorentwurf des
FNP 2035 von Anfang an kritisch gegenüberstanden. Sie verweisen diesbezüglich immer wieder auf die sog. „workshops“. Ja, diese fanden mehrfach statt und kosteten
uns viel Zeit. Aber das war kein Austausch auf Augenhöhe: Sie legten ohne Rücksprache die Tagesordnung fest, Sie und die Stadtverwaltung unterbreiteten uns bei den Sitzungen sehr ausführlich Ihre Sicht der Dinge, überraschten uns ohne Absprache mit Referenten und präsentierten in der Sitzung komplexe Dateien, zu denen wir uns am
Ende spontan äußern konnten. Darum wundern Sie sich nicht, wenn wir den vorgelegten Entwurf nicht als „Kompromiss“ verstehen. Und leider war der FNP auch kein Gegenstand im Jugendgemeinderat, obwohl dabei über Flächen verhandelt wird, die
dann der nächsten Generation nicht mehr zur Verfügung stehen.
Aus vielen Gründen ist es notwendig, weitere Flächenversiegelung einzudämmen: Natur- und Klimaschutz, Klimaanpassung, Bewahrung des Landschaftsbildes usw. – ist ja
alles bekannt.
Wir haben einen Bedarf an Gewerbeflächen, und auch an Wohnraum, v. a. an bezahlbarem Wohnraum. Aber ein Aspekt, der bislang in Gmünd im Rahmen der Abwägungen regelmäßig hintangestellt wird, ist der landwirtschaftliche Aspekt: Dabei ist allen
klar, wie wichtig regionale Versorgung ist, dass die wenigen verbliebenen landwirtschaftlichen Betriebe unsere Unterstützung benötigen und dass in den vergangenen
Jahren v.a. landwirtschaftliche Fläche verloren ging. Diese Entwicklung soll nach dem
Entwurf nicht nur ungebremst, sondern sogar beschleunigt fortgesetzt werden:
Der Geschäftsbereich Landwirtschaft des Landratsamts Ostalbkreis hat Ihnen vorgerechnet, dass mit der Fortschreibung des FNP und der Freiflächen-PV-Bebauung über
310 ha landwirtschaftliche Flächen in Anspruch genommen werden (Abwägungsprotokoll S. 9). Das entspricht der Fläche von mehr als 440 Fußballfeldern! Mindestens 44
von 55 der im FNP 2035 verplanten Flächen sind landwirtschaftliche Flächen! Hinzu
kommen noch landwirtschaftliche Flächen, die durch Ausgleichmaßnahmen verloren
gehen werden. So ruinieren wir landwirtschaftliche Betriebe. Das ist nicht zu verantworten.
Ich will nur ein Beispiel herausgreifen: „Hohe Kreuzäcker“ (2,9 ha). Es bestehen aus vielen Gründen massive Bedenken, diese landwirtschaftliche Fläche nun als Gewerbegebiet auszuweisen:
- Es handelt sich dabei um den sehr exponierten Ortsrand von Herlikofen.
- Das Klimagutachten ergab einen flächenhaften Kaltluftabfluss für dieses Gebiet, dem hohe
bioklimatische Bedeutung zukommt, mit hoher Empfindlichkeit gegenüber Nutzungsintensivierung. - Das Gebiet ist ein Vorbehaltsgebiet für Naturschutz und Landschaftspflege,
- ein Vorbehaltsgebiet für Landwirtschaft und es ist ein
- regionaler Grünzug (dort sind funktionswidrige andere raumbedeutsame Nutzungen ausgeschlossen; vgl. Regionalplan 2010 und 2035) –
- und schließlich befindet es sich in unmittelbarer Umgebung des vorletzten noch aktiven
landwirtschaftlichen Betriebs in Herlikofen, der durch dieses Gewerbegebiet in seiner weiteren Entwicklungsmöglichkeit massiv eingeschränkt würde (Landesbauernverband).
Aus diesen Gründen hat sich auch der Ortschaftsrat Herlikofen gegen dieses Gewerbegebiet ausgesprochen (es gab nur eine Gegenstimme). Doch der uns vorliegende Entwurf hält an diesem Gewerbegebiet fest. Für eine ganze Reihe anderer Flächen wären
ähnliche Gründe vorzubringen.
Fazit: In vorliegender Form bedroht der FNP 2035 nicht nur unsere Natur und Landwirtschaft, sondern auch unsere Lebensqualität. Wir können darum diesem Entwurf
nicht zustimmen.
Fragen:
- Es gab in den vergangenen Jahren insgesamt 15 Änderungen des FNP 2010, bei
denen schon Flächen umgewandelt wurden: darunter Strutfeld 4. Erweiterung;
Neugärten IV Erweiterung; Gügling Nord IV – wo sind diese Flächen im vorliegenden Entwurf aufgeführt? - Das Abwägungsprotokoll enthält 297 Beschlussvorschläge. Wir bitten um Konkretisierung des erfreulichen Beschlussvorschlags auf S. 26 des Abwägungsprotokolls: „Die Flächenkulisse wird im weiteren Verfahren reduziert.“