Stellungnahme zur Prüfung der Bauausgaben 2014 bis 2018 durch die baden-württembergische Gemeindeprüfanstalt (GPA)
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Arnold,
sehr geehrter Herr Baubürgermeister Mihm,
im Jahr 2019 musste der Gemeinderat Mehrausgaben von ca. 1 Mill. Euro für die Remstalgartenschau nachträglich genehmigen. Wir wollten damals der Sache auf den Grund gehen, verlangten eine Überprüfung durch unser Rechnungsprüfungsamt. In dem „Sachstandsbericht“ vom Oktober 2020 teilte das Rechnungsprüfungsamt aber mit, es sei nicht möglich, inhaltliche Ursachen für die Mehrkostenentwicklung herauszufinden. Der Grund: Ihr Amt, Herr Bürgermeister Mihm, legte trotz mehrfacher und nachdrücklicher Aufforderung die dazu notwendigen Unterlagen nicht vor. Bis heute wissen wir nicht, ob diese Unterlagen verschlampt, vernichtet oder nie erstellt wurden. Bis heute wissen wir nicht einmal, wie hoch die damaligen Mehrkosten waren. Weil wichtige Unterlagen fehlen, konnten diese nur geschätzt werden.
Damals sagte die Verwaltung, es habe sich bei der Remstalgartenschau um eine besondere Ausnahmesituation gehandelt, die Versäumnisse seinen nur den außergewöhnlichen Umständen geschuldet. Jetzt wissen wir, der Prüfbericht der GPA belegt es: Das stimmt nicht. Wie ein roter Faden zieht sich die mangelhafte Bauaktenführung durch Ihr Amt, Herr BM Mihm: Was bei der Überprüfung der RGS ans Licht kam, war seit vielen Jahren gängige Praxis.
Ich zitiere einige Passagen aus dem Prüfbericht: „Die für die Prüfung … erforderlichen Unterlagen lagen teils ungeordnet oder unvollständig vor“ (S. 4), „auch nach Aufforderung während der Prüfung konnten die Unterlagen nur teilweise vorgelegt werden (ebd.)“, „die Verwaltung hat dafür zu sorgen, dass die Abrechnungsunterlagen prüfbar für die überörtliche Prüfung vorliegen“ (S. 5). „Eine ungeordnete und unvollständige Bauaktenführung wurde bereits im Prüfungsbericht 2015 festgestellt“ (ebd.) – d.h. aber es geht schon seit dem Jahr 2010 so: „Bereits im Prüfungsbericht 2015 wurden fehlende Kalkulationen und Nachtragsvereinbarungen festgestellt“ (S. 22). „Bereits im Prüfungsbericht 2015 wurden die fehlenden Vergabedokumentationen festgestellt“ (S. 16).
Sehr geehrter Herr Mihm, da ist die Frage unabweisbar: Was geht in Ihrem Amt eigentlich vor sich? Verschwinden dort Akten oder werden sie erst gar nicht erstellt? Vorgänge in Ihrem Amt entziehen sich damit der Überprüfbarkeit. Warum?
Wiederholt sind in der Stellungnahme der Stadt zum vorliegenden Prüfbericht nun Formulierungen wie diese zu lesen: „Die gesetzlichen Bestimmungen werden künftig beachtet“ (S. 10), „Die Anforderungen an Nachtragsangebote sollen künftig berücksichtigt werden“ (S. 22), „künftig wird darauf geachtet, dass … die Leistungen entsprechend der tatsächlich erbrachten Leistung vertragskonform berechnet werden“ (S. 34). Ist das zu fassen: „künftig“ wollen Sie darauf achten, dass nur bezahlt wird, was geleistet wurde? Das verschlägt einem den Atem. Denn in der Vergangenheit war das eben nicht der Fall.
Wirtschaftliche Nachteile nimmt die Stadt auch in Kauf, indem sie jährlich Jahresbauarbeiten mit Rahmenverträgen in Millionenhöhe vergibt. Das ist absolut unüblich und kostet Geld. Aber das eine und das andere Unternehmen freuen sich natürlich darüber. Auch hier heißt es von Seiten der Stadt nur lapidar: „Vorgaben zur Ausschreibung von Rahmen-/Jahresverträgen werden künftig beachtet“(S. 37).
„Künftig“ soll das alles anders werden? Wir können diesem „künftig“ nicht mehr trauen. Denn schon in der Stellungnahme zum letzten und vorletzten Prüfbericht hat die Stadt versichert, sich „künftig“ an die Vorgaben zu halten und hat es nicht getan.
Die GPA hat bei ihrer Prüfung nur Stichproben vorgenommen und konnte wegen fehlender Unterlagen sogar diese nur eingeschränkt prüfen. Die von der GPA aufgedeckten Missstände haben Geld gekostet, viel Geld. Das kann sich unsere Stadt nicht länger leisten. Wir können es uns nicht leisten, dass Bauakten mangelhaft geführt werden, Dokumente verschwinden oder nicht auffindbar sind, rechtliche und gesetzliche Bestimmungen ignoriert werden.
Wir erwarten von der Stadt, dass endlich Konsequenzen gezogen werden. Wir erwarten, dass die von uns schon längst geforderte zentrale Vergabe- und Beschaffungsstelle eingerichtet wird. Wir erwarten, dass die Stadt endlich fristgerecht ihre Jahresrechnungen vorlegt. Und wir erwarten auch, dass die Stadt uns endlich über den ihr schon 2019 zugegangenen allgemeinen Finanzprüfbericht der GPA informiert.
Wir beantragen, dass die dem Baubürgermeister zugeordnete Stabsstelle Controlling* künftig halbjährlich dem Gemeinderat berichtet, ob die Zusagen der Stadt jetzt eingehalten werden.
* Leider wurde unsere gestrige wiederholte Anfrage, ob diese Stabstelle noch existiert, von der Verwaltung nicht beantwortet.