Gmünd hilft Kita-Kindern mit „belastetem Rucksack“
Stadt reagiert mit „Netzwerk Inklusions- und Elternberatung“ auf zunehmende Herausforderungen für Erzieherinnen in den 56 Kitas.
Schwäbisch Gmünd
Es braucht immer mehr Elternbegleitung. Oft sind Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder unsicher. Oder gar überfordert. Es gibt keine klare Abgrenzung zwischen Eltern und Kindern. Eltern stellen sich oft auf die Ebene der Kinder und leben eine falsch verstandene Partizipation. Konflikte werden vermieden. Kindern werden keine Grenzen mehr gesetzt. So beschreibt die Leiterin einer Gmünder Kindertagesstätte mit sechs Gruppen aktuelle Herausforderungen. Und weiter: 99 Prozent der Kinder in den Gruppen mit verlängerten Öffnungszeiten kämen aus Familien mit Migrationshintergrund. Ein Viertel von ihnen in „schwierigen Lebenslagen“. Familien aus Afghanistan oder Syrien, mit Fluchterfahrungen und Traumata, verursacht durch den Tod von Kindern, Geschwistern, Verwandten. Und den Verlust der Heimat. Dazu kämen 50 Prozent „bildungsferne Familien mit hohem Medienkonsum“, in denen die Kinder in keiner Sprache, weder der deutschen noch der Herkunftssprache, beheimatet seien.
Diesen Verhältnissen will die Stadt Gmünd entgegen wirken. Deshalb stellten der Leiter des Amtes für Bildung und Sport, Klaus Arnholdt, sowie Andrea Geiger und Regina Stöckle, im Amt für frühkindliche Betreuung und Bildung zuständig, den Stadträten des Verwaltungs- und Sozialausschusses am Mittwoch das „Netzwerk Inklusions- und Elternberatung“ vor. Mit diesem sollen die Kitas unterstützt werden. Arnholdt sprach dabei von aktuell 60 Kindern in 56 Kitas, die bei der Integration Hilfe brauchen. Diese Kinder, sagte der Amtsleiter, kämen schon „mit einem belasteten Rucksack“ in die Kitas. Gmünd habe in den vergangenen Jahren bei der Sprachförderung viel gemacht. Dafür standen 4,6 Stellen zur Verfügung, auf elf Kitas verteilt. Die Stadt hat dafür bislang 276000 Euro im Jahr ausgegeben. Nun wolle die Stadt sich breiter aufstellen. Arnholdt wies darauf hin, dass die Stadt dies nicht allein stemmt, sondern das Land und den Kreis einbeziehen will. Gespräche dazu liefen.
Andrea Geiger erläuterte das „Netzwerk Inklusions- und Elternberatung“. Aus der bisherigen Sprachförderung wird Elternberatung, in den Alltag integrierte Sprachbildung und Inklusionsberatung. Einer der Ausgangspunkte bei der Elternberatung: „Familien spielen eine entscheidende Rolle, wenn es um Bildung und Sozialisation von Kindern geht“, sagte Geiger. Eltern seien heute unter Druck, weil sie viele Aufgaben ausbalancieren müssten. Eltern müssten deshalb durch Gespräche und Beratung unterstützt werden. Dies nicht nur in elf, sondern in allen Kitas. Dazu sollen Erzieherinnen aus den bestehenden Teams qualifiziert werden. Sie unterstützen die betroffenen Kinder und beraten die Eltern. Für die Erzieherinnen in den Kitas wird ein Fachdienst mit 1,5 Stellen eingerichtet. Diese unterstützen die Erzieherinnen bei Bedarf. Gmünd will zudem einen Schulkindergarten für Erziehungshilfe. Dieser ist für Kinder, die in Kitas ohne sonderpädagogisches Profil nicht bestmöglich betreut werden können. Schließlich soll die finanzielle Unterstützung für Kinder mit Behinderung erhöht werden, damit Kitas mehr Hilfe anbieten können.
Vertreter aller Fraktionen begrüßten das Konzept. „Wir wollen, dass alle integriert werden“, sagte Elena Risel (CDU). Bei der Sprachförderung keine Doppelstrukturen zu schaffen, forderte Markus Hirsch (Grüne). Es sei wichtig, das Problem in den Kitas zu lösen, sagte Dr. Uwe Beck (SPD). Die Stadt müsse sich diesen „komplexen Herausforderungen“ stellen, sagte Sebastian Fritz (Linke). Die Probleme seien vielschichtig, deshalb gebe es Handlungsbedarf, sagte Karin Rauscher (FWF). Und Brigitte Abele (BL) betonte: „Jeder Euro, der in Sprachförderung investiert wird, ist wichtig.“
Copyright Gmünder Tagespost, 16.03.2023