Gmünder Rad-Aktivisten: Was, wenn die Planung der Klarenbergstraße gekippt wird?

Fünf Jahre Rad-Initiative Critical Mass in Gmünd: Wenn eine Mehrheit im Gemeinderat den Umbau Klarenbergstraße zur Fahrradstraße ablehnt – kommt dann eine Bürgerinitiative?
Schwäbisch Gmünd. Sie wollen Veränderung: Die Fahrrad-Aktivsten der Critical Mass gibt es seit fünf Jahren, einmal im Monat starten sie zu einer Fahrrad-Demo durch Gmünd. Ihr Ziel: bessere Wege für Radler in der Stadt. Doch die erste Gmünder Fahrradstraße gibt es bis heute nicht, trotz vier Jahren Planung. Die GT hat bei Critical-Mass-Sprecher Jan Schneider nachgefragt: War die Initiative ein Fehlschlag?
Nach fünf Jahren Critical Mass: Was haben Sie erreicht?
Jan Schneider: Das wird sich so richtig diese Woche zeigen, wenn der Antrag für die Klarenbergstraße als Fahrradstraße in den Gemeinderat kommt (Mittwoch, 29. Januar, 16 Uhr im Bau- und Umweltausschuss – Red.). Wobei die Stimmen dazu im Südstadtforum zuletzt gezeigt haben, dass wir Fortschritte gemacht haben in der Einstellung der Menschen.
Neu entstanden ist 2023 der Altstadtring: ein Gewinn – oder nur eine Notlösung?
Schneider: Ich persönlich nutze ihn nie, weil ich an einer hoffentlich künftigen Fahrradstraße wohne, der Schwerzerallee. Und von dort gesehen ist mir der Altstadtring zu kompliziert. Aber er hat immerhin mehr Aufmerksamkeit für den Radverkehr gesorgt.
Es gibt Radfahrer, die sagen: Dieser Ring, mit ein paar Farbflächen auf der Straße, das ist zu wenig. Ist Ihre Initiative gescheitert?
Schneider: Nein, ich sehe mehr Fahrradfahrer in Gmünd als vor einigen Jahren, auch Lastenräder. Ich glaube, es verändert sich etwas in vielen Köpfen.
Die Critical Mass fährt also weiter?
Schneider: Ja, wir haben schon alle Termine fürs ganze Jahr festgelegt, wir sind weiter motiviert. Ich würde mir ja wünschen, dass man uns nicht mehr bräuchte…
Passt eine Fahrradstraße zu Gmünd?
Schneider: Ja, ich glaube, dass Schwäbisch Gmünd die perfekte Größe hat, um solche Projekte anzupacken. Sie schaden auch nicht dem Autoverkehr: Es gibt Studien, die zeigen, dass der Autoverkehr besser fließt, wenn es mehr Infrastruktur für andere Verkehrsformen wie Rad oder ÖPNV gibt. Und ich bin überzeugt davon, dass mehr Leute aufs Fahrrad umsteigen, wenn die Fahrradstraße kommt. Außerdem wäre die Klarenbergstraße ein großer Gewinn für den Schülerverkehr mit einem sicheren Schulweg.
Hat Sie der neu aufgeflammte Widerstand gegen die Planung dort überrascht? Die CDU-Stadträte Oliver Glass und Fabian Wolf sprechen sich klar gegen den Umbau aus.
Schneider: Mich hat der neue Ton überrascht. Bisher gab es immer Austausch, auch überparteilich, und den Beschluss aller Parteien im Gemeinderat, die Radinfrastruktur zu verbessern. Außerdem: Die 200 Unterschriften gegen die Fahrradstraße stammen aus einer Zeit, als die Planung noch ganz anders war als heute.
Aber jetzt sollen, entgegen früherer Zusicherungen, eben Parkplätze wegfallen. Ist das der wunde Punkt aller Verkehrsplanung?
Schneider: Ich verstehe, dass es eine Veränderung ist, die nicht in alle Gewohnheiten passt. Aber ich kann nur empfehlen, sich mal Fahrradstraßen in anderen Städten anzuschauen. Man sieht, dass man davor keine Angst haben muss, dass man viel an Lebensqualität hinzugewinnen kann.
Braucht es die Fahrradstraße überhaupt? Dort gilt bereits Tempo 30, es radeln jetzt schon viele Leute durch die Straße, wozu muss man etwas ändern?
Schneider: Derzeit ist es so, dass dort zu wenig Platz in der Breite vorhanden ist für sicheren Radverkehr. Und eine sichere Anbindung an die Innenstadt fehlt auch – die aktuelle Situation an der Einmündung in die Gutenbergstraße ist übrigens ein Grund, weshalb ich diese Straße persönlich nicht fahre.
Müssen Sie von der Critical Mass nicht einsehen, dass Radfahrer eben nur eine Minderheit sind?
Schneider: Das kommt auf die Perspektive an: Nachdem das Auto jahrzehntelang gefördert worden ist, sieht es so aus. Aber Gesellschaften verändern sich auch: Vor 120 Jahren waren Fahrer von Pferdefuhrwerken in der Mehrheit.
Wenn sie beschlossen und gebaut wird, was bedeutet eine Fahrradstraße am Klarenberg?
Schneider: Es wäre ein Leuchtturmprojekt mit Signalwirkung. Wir müssen diesen Schritt wagen, ich denke, die positiven Argumente überwiegen klar. Es braucht ein bisschen Zeit zur Umgewöhnung, aber es wäre ein Schritt hin zu einer menschenfreundlichen Stadt der Zukunft.
Und was machen Sie, wenn die Planung abgelehnt wird? Wär’s ein Grund aufzugeben?
Schneider: Nein, ich glaube, wir haben die Mehrheit bei den Menschen, die dort wohnen. Wir dürfen die Zweifel nicht gewinnen lassen. Bei einer Ablehnung könnte ich mir vorstellen, dass eine Bürgerinitiative für die Fahrradstraße gegründet wird.
Copyright Gmünder Tagespost, 29.01.2025