Klarenbergstraße, finale Phase

Aus der heutigen Rems Zeitung: Mobilität: Wird die Klarenbergstraße zur Fahrradstraße? Und wenn ja, wie soll das aussehen? Diese Fragen beschäftigen die Stadt Gmünd
seit Jahren. Am Mittwoch berät der Bauausschuss ein letztes Mal, bevor der Gemeinderat im Februar eine Entscheidung trifft.
Schwäbisch Gmünd. Die Klarenbergstraße ist in Schwäbisch Gmünd zum Synonym für den Konflikt zwischen Radfahrern und Autofahrern geworden. Seit 2017 ist sie immer wieder Thema im Südstadtforum, in Ausschüssen und im Gmünder Gemeinderat. Denn eigentlich hätte die Straße schon 2023 zur Fahrradstraße werden sollen. Passiert ist bislang – nichts.
Gegner fürchten Parkplatzverlust und Verkehrschaos
Vor allem einige der Anwohner leisteten und leisten vehementen Widerstand. Sie fürchten um Parkplätze und darum, dass der Verkehr stadteinwärts ins Stocken gerät. Denn auf der Hangseite der Klarenbergstraße fallen auf 800 Metern rund 40 bis 50 Parkplätze weg, außerdem würde die Klarenbergstraße zur Vorfahrtsstraße. Runde um Runde wurde in Bürgerversammlungen diskutiert und um Varianten sowie Verständnis geworben. Zuletzt wurden Ende November 2024 im Südstadtforum neue Entwürfe für den Kreuzungsbereich Klarenberg/Gutenbergstraße vorgestellt. Die Klarenbergstraße soll als „Hauptroute Süd“ an den Altstadtring angebunden werden. „Mit solchen ausgewiesenen Fahrradrouten bündeln wir nicht nur den Radverkehr, sondern machen ihn auch sicherer, besonders für Kinder und Jugendliche“, betonte Rad- und Fußwegekoordinator Jürgen Stemke damals.
Durchgehende Anbindung für Radfahrer und Fußgänger
Und doch konnte nicht jede Person an diesem Abend überzeugt werden. Oberbürgermeister Richard Arnold sprach von einer „Sache der Abwägung“. Schließlich gehe es auch um die Sicherheit von Kindern, Schülern sowie älteren, seh- und hörgeschädigten Menschen, die dort nicht nur mit dem Rad, sondern auch zu Fuß unterwegs seien. Der Kreuzungsbereich Klarenbergstraße/ Untere Zeiselbergstraße/ Gutenbergstraße wurde in Fußverkehrschecks wiederholt als Gefahrenpunkt identifiziert, das betont auch der Arbeitskreis Mobilität. „Wir unterstützen die geplante Umgestaltung der Klarenbergstraße zur Fahrradstraße sowie die Neugestaltung des Kreuzungsbereichs“, heißt es in einer Pressemitteilung.
Auch die Vorlage für den Klima-, Umwelt-, Energie- und Bauausschuss sieht das so vor. Die Klarenbergstraße / Untere Zeiselbergstraße soll im Rahmen des Radwegezielplans eine durchgehende Fahrradstraße werden. Der Beschluss steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass die beantragten Fördermittel bewilligt werden.
Das ist geplant
Konkret soll sich laut der Vorlage Folgendes ändern:
- Die Klarenbergstraße wird zur Vorfahrtsstraße.
- Es werden zwei Zebrastreifen angelegt – einer vor, einer nach der Kurve, in der die Klarenberg- in die Untere Zeiselbergstraße mündet. Hinzu kommt ein Stoppschild
- Durch bauliche Maßnahmen soll die Verkehrslast vermindert werden.
- In der gesamten Klarenberg- und Unteren Zeiselbergstraße gilt Tempo 30 und Vorfahrt für Fahrradfahrer. Diese dürfen auch nicht überholt werden.
- Drei Poller werden im Verlauf der Klarenbergstraße aufgestellt.
Junge Union spricht von „klarer Mehrheit gegen Fahrradstraße“
Wenig einverstanden mit diesen Plänen zeigt sich die Junge Union Schwäbisch Gmünd. In einer Pressemitteilung geben sie an, mit direkten Anwohnern der Klarenbergstraße gesprochen und dabei alleine 107 negative Rückmeldungen bekommen zu haben. „Die überwältigende Mehrheit der interessierten Bürger teilte unsere kritische Position“, so Vorsitzender Florian Kruspel. Die vereinzelten positiven Aussagen sprächen dafür, dass eine Umgestaltung zur Fahrradstraße dem Willen der Anwohner widerspricht. Beim letzten Südstadtforum im November hingegen sagte OB Arnold, er nehme ein überwiegend positives Meinungsbild hinsichtlich der Fahrradstraße wahr. Und im Beschlussvorschlag der Stadtverwaltung heißt es: „Die nun vorgeschlagenen Maßnahmen haben in ihrer Gesamtheit in der Bürgerschaft eine hohe Akzeptanz.“
Gutenbergstraße ist nicht die einzige Route
Die Junge Union befürchte, dass sich die Verkehrs- und Parkplatzsituation im Bereich Klarenbergstraße deutlich verschlechtern könne, heißt es in der Pressemitteilung weiter. Da die Vorfahrt auf die Klarenbergstraße verlegt würde, entstünde im Kreuzungsbereich mit der Gutenbergstraße besonders zu Stoßzeiten erhöhtes Verkehrsaufkommen. Allerdings wurde in Bürgerversammlungen von Befürwortern der Fahrradstraße auch schon mehrfach betont, dass man weder stadtein-, noch stadtauswärts die Gutenbergstraße fahren müsse – es gebe ja auch noch die wesentlich breitere Weißensteiner Straße.
Die Pressemitteilung endet mit der Empfehlung der Jungen Union an den Gemeinderat, das Projekt abzulehnen. Da sieht manche Fraktion allerdings anders.
s.ö.l.: „Viel Geld und Zeit investiert“
Seine Fraktion gehe stark davon aus, dass die Mehrheit sich für die Klarenbergstraße aussprechen werde, da dieser Beschluss nun folgerichtig sei, so Sebastian Fritz, s.ö.l.-Fraktionsvorsitzender auf Anfrage. Seine Fraktion hatte über die Jahre hinweg zusammen mit den Grünen und der SPD immer wieder auf die Umsetzung der Fahrradstraße gepocht. „Nicht zuletzt auch deshalb, weil wir einen jahrelangen Diskussionsprozess hinter uns haben und wir für die Planung bereits viel Geld ausgegeben haben und auch die Verwaltung sowie die Stadträte bereits sehr viel Zeit investiert haben!“
Darüber hinaus ist es doch einfach so, dass es zu den Hauptverkehrszeiten sehr viel Stau auf den Einfallstraßen gibt. Wer diesen ernsthaft reduzieren möchte, muss die Alternativen fördern.
Sebastian Fritz
s.ö.l.-Fraktionsvorsitzender
Man habe den Radwegezielplan 2022 einstimmig beschlossen, außerdem wolle Schwäbisch Gmünd bis 2035 klimaneutral werden. „Darüber hinaus ist es doch einfach so, dass es zu den Hauptverkehrszeiten sehr viel Stau auf den Einfallstraßen gibt. Wer diesen ernsthaft reduzieren möchte, muss die Alternativen fördern”, findet Fritz. „Neben den Klimaaspekten ist es auch die Erkenntnis, dass das Radfahren spätestens während der Coronapandemie enorm an Attraktivität gewonnen hat. Da darf eine sichere und durchgängige Infrastruktur nicht fehlen.“
Planer empfiehlt Neugestaltung der Klarenbergstraße
Auch der Fußgängercheck 2021, der vor allem im Bereich der Klarenbergstraße durchgeführt wurde, kommt zu dem Schluss, dass eine Um- und Neugestaltung der Klarenbergstraße, besonders im Kreuzungsbereich mit Gutenbergstraße/Untere Zeiselbergstraße, für Fußgänger erhebliche Vorteile hätte. „Ausgehend von den Begehungen und der Analyse bietet es sich an, die Klarenbergstraße als Fußverkehrsroute zwischen Innenstadt und dem Stadtviertel zu etablieren“, heißt es im Abschlussbericht der Planersocietät. Dazu gehören unter anderem der verbesserte Fußgängerüberweg an der Kreuzung mit der Gutenbergstraße, aber auch durchgehende Gehwege, die breit genug für Menschen mit Kinderwagen oder Rollstuhl sind, sowie neue Beleuchtung. In diesem Zusammenhang sei zu prüfen, „ob sich der Kfz-Verkehr geeignet auf Gutenbergstraße und Weißensteiner Straße konzentrieren lässt“.
Vorteile für Fußgänger und Radfahrer
Auch Fritz betont die positiven Aspekte für Fußgänger: „Bei der jetzigen Planung sind nicht nur Verbesserungen für Radfahrende angedacht, sondern vor allen Dingen der seit langem aus der Südstadt vorgetragene Wunsch nach Verbesserungen für Fußgänger. Wer die Querungssituation an der Ecke Klarenbergstraße/Gutenbergstraße kennt, der weiß, dass das insbesondere für Schüler, Familien und für mobilitätseingeschränkte Personen ein großes Problem darstellt.“ Zudem könne man mit einer hohen Förderung rechnen. Laut Vorlage der Stadt besteht für die Klarenbergstraße Aussicht auf eine Förderquote von 90 Prozent über das Förderprogramm „Stadt und Land“, hinzu kommt eine Förderung in Höhe von 20 Prozent der Baukosten als Planungspauschale. Für den Abschnitt Untere Zeiselbergstraße ist eine Aufnahme ins Förderprogramm des Landes (LGVFG Teilprogramm Rad- und Fußverkehr) beantragt. Das bringt 75 Prozent Förderung für die Gehwege und Zebrastreifen, 50 Prozent für die Oberflächensanierung der Fahrbahn und Förderzuschüsse für Planungskosten in Höhe von zehn Prozent der Baukosten.
Copyright Rems Zeitung, 29.01.2025